Die Böhms: Architektur einer Familie China, Frankreich, Deutschland, Schweiz 2014 – 87min.
Filmkritik
Familie als Fundament
Wer die Architektur Gottfried Böhms kennt, den Architekten dahinter aber nicht, kommt bei diesem Dokumentarfilm auf seine Rechnung. Der erfolgreiche und mit mehr als 90 Jahren immer noch aktive Pritzker-Preisträger aus Köln mit seinen drei Söhnen, die allesamt ebenfalls erfolgreiche Architekten sind, wird sehr persönlich und einfühlsam präsentiert, sein Werk spielt leider eine Nebenrolle. Maurizius Staerkle-Drux kommt zwar im richtigen Moment, um den Einsturz eines Pfeilers im familiären Gefüge aufzuzeichnen, er verlässt sein Sujet aber zu früh.
Der Titel ist originell: Eine Dynastie von Architekten wird über die "Architektur" ihrer familiären Beziehungen vorgestellt. Das ist gelungen, und insofern darf man Regisseur und Drehbuchautor Maurizius Staerkle-Drux formal keinen Etikettenschwindel vorhalten. Dennoch wird wahrscheinlich die Mehrheit von diesem Porträt enttäuscht sein, denn es richtet sich offenbar an Kenner der Architektur - speziell der Architektur Gottfried Böhms. Viel Zeit wird nämlich den Menschen eingeräumt, allen voran dem Ehepaar Gottfried und Elisabeth, beide schon über 90 Jahre alt, wenig Zeit den Gebäuden.
Auf eine Würdigung mit etwas analytischem Boden hofft man indes vergeblich. Die Laudatio zum Pritzker-Preis und die Dankesrede des Geehrten müssen genügen. Wenn Gottfried einige seiner Werke besucht und beispielsweise die Treppe eines frech platzierten Turmes mit Unterstützung seines Gehstockes erklimmt, folgt ihm die Kamera willig, der Blick aufs Rathaus kommt dabei zu kurz.
Das hat Methode: Der Vater, der Ehemann, der Gesellige, der von seiner Arbeit Abhängige wird umfassend dokumentiert, seine Erfolge, sein Einfluss auf andere außerhalb seiner Familie - die drei Söhne sind auch Architekten - kommen nicht vor. Der Film unterschlägt auch, dass sich der älteste Sohn längst von Vater und Brüdern abgekoppelt hat und erfolgreich ein eigenes Architekturbüro führt.
Etwas mehr fachliche Informationen hätte man auch auf der Tonspur unterbringen können, wenn einem die Architektur-Laien am Herzen gelegen hätten. Stattdessen hört man viel dezentes Klavier mit Begleitung von Viola und Schlagzeug, stilistisch gemäßigt modern und unaufdringlich, aber variationsarm, eine Musik, die weder Kontrapunkt noch Kommentar zu den Bildern sein kann und will. Der Film wirkt auch seltsam unfertig, unabgeschlossen, wie zwei der Böhm'schen Prestige-Bauten, die große Moschee in Köln und das Krankenhaus in - wahrscheinlich - Nanning (China). Es wäre schön gewesen, wenn Staerkle-Drux sein Projekt bis zum Abschluss dieser beiden Baustellen hätte weiterführen können.
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