Im Labyrinth des Schweigens Deutschland 2014 – 124min.
Filmkritik
Nichts als die Wahrheit
Man wollte die Ungeheuerlichkeit dieser Menschenvernichtung nicht wahrhaben. Erst ein junger Staatsanwalt öffnete der deutschen Öffentlichkeit die Augen und initiierte die Auschwitzprozesse. Er ermittelte gegen KZ-Betreiber und Aufseher. Giulio Ricciarelli beschreibt dieses Kapitel der deutschen Nachkriegszeit in einem aufwühlenden, mitreissenden Justizdrama – ohne Prozess.
Wiederaufbau, Wirtschaftswunder in Deutschland - gut ein Jahrzehnt nach dem Ende des 2. Weltkriegs. Man schreibt das Jahr 1958. In Kuba geht die Revolutionsbewegung unter Castro in die Offensive. General Charles de Gaulle übernimmt das politische Ruder der Fünften Republik. Toni Sailer wird Skiweltmeister in Abfahrt, Riesenslalom und Kombination.
Der junge Staatsanwalt Johann Radmann (Alexander Fehling), frisch von der Uni, muss sich in Frankfurt die Sporen abverdienen und mit Verkehrsdelikten beschäftigen. Er wird hellhörig, als der Journalist Thomas Gnielka (André Szymanski) von einem ehemaligen KZ-Aufseher berichtet, der jetzt unbehelligt als Lehrer tätig ist. Als Radmann insistiert, wird er von seinem direkten Vorgesetzten, Oberstaatsanwalt Walter Friedberg (Robert Hunger-Bühler), zurückgepfiffen. Auch Kollege Otto Haller (Johann von Bülow) ist skeptisch. Allein der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (Gert Voss) bestärkt ihn und hält ihm den Rücken frei.
Schritt für Schritt gräbt der junge Humanist Radmann in der jüngsten deutschen Vergangenheit, nimmt Kontakt mit dem Document Center der US-Army auf, besucht Opfer, die den Holocaust überlebt haben. Er findet Spuren vom KZ-Arzt Josef Mengele und SS-Mann Adolf Eichmann, der für die Deportation und Ermordung von Millionen von Juden verantwortlich war. Radmann nimmt Kontakt zum israelischen Geheimdienst auf, Eichmann wird in Argentinien gefasst und vor Gericht gestellt. Radmann ist besessen von seiner Aufgabe, die Nazi-Verbrecher der Gerechtigkeit zuzuführen. Er sieht sich nicht als Rächer, sondern als Diener der Wahrheit, läuft aber bei einigen Mitbürgern, die lieber verdunkeln, verdrängen würden, gegen eine Wand. Auch privat strandet der Jurist, vernachlässigt die junge Mode-Designerin Marlene Wondrak (Friederike Becht). Als er erfährt, dass auch sein vermisster Vater ein Nazi war, fällt er in ein Loch und will aufgeben.
Die Geschichte der Aufdeckung, der Verfolgung der Nazi-Täter und des Prozesses beruht auf Tatsachen. Fritz Bauer, Richter und Staatsanwalt, hat tatsächlich gelebt. Zusammen mit jungen Staatsanwälten hat er gegen untergetauchte Nazis recherchiert und das Rechtsbewusstsein der Bundesrepublik entscheidend beeinflusst. Darum geht es auch Giulio Ricciarelli in seinem Kinospielfilmdebüt. Der junge Jurist verzweifelt (fast) am unfassbaren Geschehen. Der Berliner Alexander Fehling verkörpert den Rechtsritter mit nobler Zurückhaltung – überzeugend. Der Film besticht durch seine Nüchternheit, aber auch Stimmigkeit und geht doch unter die Haut. Er spart Bilder der Lagerqual, von Gräuel und Vergasungen aus. Die Dokumente und Aussagen der Überlebenden genügen, um den Holocaust präsent zu machen. Stark.
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Kommentare
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 9 Jahren
Grossartig. Sehr sehenswert
Der beste Film aus Deutschland das Deutschland zur Zeit zu bieten hat den der Film ist famos gespielt und kommt sehr eindringlich daher. Die beste Szene im Film ist die wo die Opfer vom KZ erzählen die ohne Dialog sind, aber dafür mit Musik untermalt ist und
die Gesichter der Darsteller sind sehr eindringlich dargestellt. Auch ein Schweizer ist mit dabei und zwar Robert Hunger-Bühler aus Akte Grüninger.… Mehr anzeigen
Der Film hat hat einige Längen, ist aber insgesamt sehr interessant und gut aufgebaut. Alexander Fehling und Johann von Bülow gehen in ihren Rollen toll auf - auch der restliche Cast ist gut besetzt.
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