Das ewige Leben Österreich 2015 – 121min.

Filmkritik

Am Rande des Abgrunds

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

In der vierten Verfilmung eines Krimis von Wolf Haas kehrt Detektiv Simon Brenner (Josef Hader) nicht nur in seine Heimatstadt Graz zurück, sondern wird auch mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert. Ein meisterhafter Mix aus dichter Milieustudie und Krimi, gewürzt mit trockenem schwarzem Humor.

Der obligate Eröffnungssatz von Wolf Haas' Brenner-Krimis "Jetzt ist schon wieder was passiert" fehlt auch hier nicht. Doch bis wirklich etwas passiert, dauert es eine ganze Weile. Wolfgang Murnberger, der den Film gemeinsam mit dem Autor und dem Hauptdarsteller Josef Hader entwickelte, lässt sich viel Zeit für die Schilderung der Verfassung Simon Brenners und die Verankerung im Milieu.

Abgebrannt und ausgebrannt kehrt der Detektiv in seine Heimatstadt Graz zurück, wo er immerhin noch ein vom Grossvater geerbtes Haus besitzt. Dieses entpuppt sich allerdings rasch als Bruchbude ohne Heizung und mit undichtem Dach. Verstärkt wird die deprimierende Stimmung durch die kalten verwaschenen Farben und das ungemütlich-regnerische Wetter. Immerhin hat Brenner aber noch den Jugendfreund Köck (Roland Düringer), den er um Geld anzupumpen versucht. Als dieser allerdings wenig später tot aufgefunden wird, beginnen sich Brenners Wege immer wieder mit denen des Chefs der Grazer Kriminalpolizei (Tobias Moretti), einem weiteren Ex-Freund von der Polizeischule, zu kreuzen und langsam werden damit auch Erinnerungen an eine kriminelle Aktion in den späten 1970er Jahren wach.

Mag das auch die vierte Verfilmung eines Krimis um den Detektiv Simon Brenner sein, so gelingt es Murnberger/Haas/Hader doch auch Das ewige Leben wieder eine ganz eigene Note zu verleihen. War Komm, süßer Tod als überzogene Groteske angelegt, orientierte sich Silentium am Film noir und spielte Der Knochenmann mit Horrorelementen, so stehen nun ganz die Person Brenners und dessen Vergangenheit im Mittelpunkt.

Erst gegen Ende beginnt Brenner kriminalistisch zu ermitteln und auch dabei ganz im persönlichen Umfeld. Zwar fehlt auch eine recht spektakuläre Verfolgungsjagd durch Graz nicht, aber weit mehr als Action bestimmt die Auslotung der Figuren und des Beziehungsgefüges den Film. An schwarzem Humor fehlt es nicht, doch wird dieser nicht forciert, kommt nur punktuell zum Zug. Zum starken Gesamteindruck trägt aber neben der atmosphärisch dichten Verankerung im Milieu auch die bis in die Nebenrollen treffliche Besetzung bei.

Tobias Moretti mag als Polizeichef zwar nicht die Präsenz besitzen, mit der Josef Bierbichler dem Knochenmann den Stempel aufdrückte, doch Sidekicks wie Roland Düringer als Köck, Hary Prinz als übereifriger Polizist und Johannes Silberschneider als Brenners neugieriger Nachbar erfreuen mit ihrer sichtlichen Spielfreude.

Wie schon bei den vorigen Haas-Verfilmungen ist es somit nicht eine Einzelposition, sondern das vorzügliche Zusammenspiel von Buch, Regie, Schauspielern, visueller Gestaltung und schliesslich auch der Musik der Sofa Surfers, das Das ewige Leben bis hin zum nächtlichen Showdown auf dem Grazer Schlossberg zu einem zwar zutiefst melancholischen, aber trotz der Langsamkeit dichten und höchst unterhaltsamen Filmvergnügen macht.

19.02.2024

4

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Kommentare

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kroete

vor 9 Jahren

herrlich skurril, nie zuviel...


zuckerwättli

vor 9 Jahren

Es ist wieder was passiert, aber leider nichts so Aufregendes wie die letzten Male.


zaungast

vor 9 Jahren

Wie würde der Brenner das wohl sagen: 'Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte - aber interessant: Manchmal ist es gerade umgekehrt... '
Dennoch bleibt nach Wegfall der atmosphärisch messerscharfen und liebevoll wortakrobatischen Sprache eine berührende Handlung zurück, die filmerisch gekonnt und stimmig umgesetzt wurde: Ein sehr gelungener Film!Mehr anzeigen


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