CH.FILM

Für eine schöne Welt Schweiz 2015 – 74min.

Filmkritik

Die Sprache des Bildes

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Die Werke von Gottfried Honegger und Kurt Sigrist sorgen in dieser Doku für eine meditative, schwelgerische Filmerfahrung. Für eine schöne Welt fordert den Zuschauer, belohnt ihn aber auch mit imposanter, sinnlicher Kunst.

Für eine schöne Welt widmet sich der Arbeit der beiden Künstler Gottfried Honegger und Kurt Sigrist, die Regisseur Langjahr seit langem persönlich kennt. Honegger, Jahrgang 1917, ist als der letzte Vertreter der "Zürcher Konkreten" ein weltweit renommierter Plastiker und Grafiker und vertritt die Ansätze der konstruktiv-konkreten Kunst. Der 72-jährge Bildhauer und Objektkünstler Sigrist ist international in erster Linie geschätzt für seine Kunst-Installationen im öffentlichen Raum. Der Film lässt die Künstler zu Wort kommen, zeigt Einblicke in Ausstellungen und präsentiert ausgiebig und umfassend deren Gemälde, Objekte und Installationen.

Seit den späten 70ern entwickelte sich Regisseur und Produzent Erich Langjahr zu einem der renommiertesten Schweizer Dokufilmer. Menschen und die universellen Fragen des Lebens nach der eigenen Identität und dem Kampf ums Überleben, stehen seit jeher im Mittelpunkt seiner Filme. Thematisch befasste er sich bis heute u.a. mit den Traditionen des Hirtens (Hirtenreise ins dritte Jahrtausend) oder der des Wildheuens (Das Erbe der Bergler). Ganz den Aspekten Kunst und Kreativität widmet er sich nun in Für eine schöne Welt.

Es ist ein Film, der fordert und sich durch Komplexität auszeichnet, aber auch schwelgerisch und beruhigend geraten ist. In langen Einstellungen sind die eindrücklichen Kunstwerke der Künstler zu bewundern. Die erste Hälfte widmet sich Honegger und seinem "konkreten" Kunstverständnis. Für den mittlerweile fast 100-jährigen Honegger sind das kreative Sehen und die Geometrie seit jeher die Essenz seiner Arbeit. Interessant sind vor allem die Interviews mit ihm, in denen er seine Ansichten über Stilrichtungen wie den Kubismus oder das Wirken der Geometrie darlegt und stets als präziser Beobachter und wortgewandter Kunstschaffender auftritt.

Die zweite Hälfte widmet sich Sigrist und seinen raumbezogenen, zumeist begehbaren Objekten. Der Film zeigt die 2013er Ausstelllung "Kurt Sigrist.Retrospektive" aus der Turbinenhalle in Unteraa. Die Kamera ist dabei, wenn die Besucher mit den Objekten (gedanklich oder körperlich) verschmelzen, über deren Bedeutung und Aussagen sinnieren, in sie eintreten und mit ihren Körpern die leeren Innenräume füllen. An dieser Stelle entfaltet der Film voll und ganz seine träumerische, meditativ-besinnliche Kraft. Er fordert auf, sich mit sich und der Welt auseinanderzusetzen und ist in seiner Machart und hinsichtlich der Inhalte anspruchsvoll und alles andere als leichte Kost. Aber die Entscheidung, sich mit dem Film und seinen Themen eingehender zu beschäftigen, wird belohnt.

12.01.2016

4

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