CH.FILM

Nichts passiert Schweiz 2015 – 93min.

Filmkritik

Harmonie um jeden Preis

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Knapp sieben Jahre nach der romantischen Komödie Die Standesbeamtin kehrt Filmemacher Micha Lewinsky mit einem schwarzhumorigen Drama auf die große Leinwand zurück. Devid Striesow spielt darin einen konfliktscheuen Familienvater, dem eine falsche Entscheidung über den Kopf zu wachsen droht.

Thomas Engel (Devid Striesow) hält sich für einen netten, umgänglichen Kerl, auch wenn er erst vor kurzem mit einem lästigen Kollegen aneinandergeraten ist. Im Gespräch mit einer Therapeutin schiebt der Familienvater seinen Ausraster auf den Alkohol und berichtet freudestrahlend vom anstehenden Skiurlaub in den Schweizer Bergen, bei dem er seiner Frau Martina (eindringlich, aber leider selten im Fokus: Maren Eggert) und seiner Tochter Jenny (Lotte Becker) wieder näherkommen will. Die beiden sind von seinen Plänen jedoch alles andere als begeistert und nehmen Thomas übel, dass er seinem Chef versprochen hat, dessen Tochter Sarah (Annina Walt) mitzunehmen. Schon kurz nach ihrer Ankunft droht die ohnehin angespannte Stimmung zu kippen, als das Mädchen dem Mitarbeiter ihres Vaters anvertraut, dass sie vom Sohn des Ferienhausbesitzers vergewaltigt wurde.

Mit dieser Offenbarung ist der Erwachsene gefordert. Doch statt sofort zu handeln, zieht Thomas Beschwichtigungen und Ausweichmanöver vor. Der vermeintliche Urlaubsfrieden soll erhalten bleiben, weshalb er seine nichtsahnende Ehefrau mit Lügengeschichten abspeist und Sarah eher halbherzig zur Seite steht. Als Sympathieträger taugt der Protagonist sicher nicht, da er von Eigennutz und einem falschen Harmonieverständnis geleitet wird. Dennoch schafft es Devid Striesow mit seinem sanftmütigen und betont linkischen Spiel, den Zuschauer für das weitere Schicksal des Familienvaters zu interessieren.

Wie so oft zeigt sich auch in diesem Fall, dass eine falsche Entscheidung, fehlender Mut und mangelnde Kommunikation ein gefährliches Gemisch ergeben, das mit der Zeit in die Luft zu fliegen droht. Ist es zunächst noch spannend, Thomas auf seinem fragwürdigen Schlingerkurs zu folgen, baut das von Lewinsky verfasste Drehbuch etwa nach der Hälfte vermehrt auf überkonstruierte Wendungen. Aufdringlich anmutende Zufälle und seltsame Figurenentscheidungen stehen nun im Vordergrund, was den Betrachter Schritt für Schritt vom Geschehen distanziert und die anfängliche Ausdruckskraft spürbar schmälert. Mit etwas mehr Fingerspitzengefühl hätte Nichts passiert eine durchweg packende Abwärtsspirale skizzieren können. Entstanden ist jedoch ein Film mit einer reizvollen Prämisse und starken Darstellern, dem leider seine Glaubwürdigkeit abhandenkommt.

19.02.2024

3

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Kommentare

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werner_stauffacher

vor 7 Jahren

Schlechtester Film seit laaaannnggger Zeit.
Bin echt enttäuscht.


Patrick

vor 8 Jahren

Eindringliches Drama das grandios von Devid Striesow(Ich bin dan mal Weg) und Annina Walt (Amateur Teens) gespielt ist. Nichts Passiert verfügt auch durch eine optimale Kameraeinstellung, und das Filmende läd zum nach Denken und zum Diskutieren ein. Nach dem Devid Striesow den Film Die Standesbeamtin gesehen hat rief er den Filmemacher Micha Lewinsky an um mit ihm einen Film zu machen und so entstand Nichts Passiert. Ich habe Nichts Passiert in Anwesenheit vom Filmemacher Micha Lewinsky gesehen.Mehr anzeigen


Beraria

vor 8 Jahren

Toller, spannender Film, hintergründig, mit exzellenten Schauspielern.


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