Jeder kennt sie: Van Goghs «Zwölf Sonnenblumen in einer Vase», die «Sternennacht» oder das «Selbstbildnis mit Pelzmütze, verbundenem Ohr und Pfeife». Über 100’000 Kopien seiner Werke haben Xiaoyong Zhao und seine Familie hergestellt, um damit der Armut entfliehen zu können. Doch Geld ist nicht alles.

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In einem kleinen Atelier in der südchinesischen Stadt Shenzhen wird gemalt, verhandelt und gewohnt. Hier stellt die Familie unter immensem Zeitdruck, aber mit grosser Passion und Präzision Kopien von Van Goghs Meisterwerken her. Um die Bilder verbessern zu können, ist es Xiaoyong Zhaos grösster Wunsch, ein einziges Mal die Originale mit eigenen Augen sehen und für ein Mal das fühlen zu können, was der erst posthum gebührend gewürdigte Künstler fühlte. Letzten Endes scheint sein Begehren aber vor allem ein Weg zur Erfüllung zu sein. Denn als sein lang gehegter Traum endlich Formen annimmt und er nach zwei Dekaden des Kopierens schliesslich die Originale des verehrten, beinahe vergötterten Van Gogh zu Gesicht bekommt, verändert sich sein Leben schlagartig.

China’s Van Goghs vereint das Beste zweier Welten: Der Dokumentarfilm bedient die Zuschauer in den ersten Minuten mit ausführlichen und über Text vermittelte Informationen zum Kunstmarkt in Shenzhen und lässt ihn zeitgleich in den brummenden Alltag Xiaoyong Zhaos Familie im Atelier eintauchen. Der Verzicht einer Stimme aus dem Off, ein bewegender Twist sowie zeitweise kontemplative Szenen lassen den Film schliesslich zunehmend wie einen Spielfilm wirken und das Publikum mit dem strebsamen Protagonisten Xiaoyong Zhao mitbangen und mitfühlen. Denn es wird eine berührende persönliche Geschichte über einen Autodidakten erzählt, der durch harte Arbeit und Perfektionierung seiner Kopien über zwei Dekaden hinweg eine Zukunft aufgebaut hat und nun vor einem wichtigen Scheideweg steht.Doch der Film ist viel mehr als das.

Als raffinierte Abhandlung über Arbeit und Kunst lässt er Fragen über den künstlerischen Wert von Kopien aufkeimen und beleuchtet Selbstzweifel eines Kunstschaffenden, den Wunsch nach Erfüllung und den beschwerlichen Weg dorthin. China’s Van Goghs greift nicht nur das Einzelschicksal eines Malarbeiters auf, sondern illustriert vor allem auch eine immer weiter voranschreitende Entwicklung von Made in China zu Created in China und dürfte durch seine Thematisierung menschlicher Zweifel, Ideale und Selbstverwirklichung weit mehr als nur ein Publikum mit ausgeprägtem Kunstinteresse ansprechen.