Cinema Futures Österreich, Indien, Norwegen, USA 2016 – 126min.
Filmkritik
Das Ende des analogen Kinos
Die digitale Projektion hat die Lichtspielhäuser erobert. Was heisst das für die Zukunft des Kinos und des Films? Die essayistische Doku Cinema Futures widmet sich dieser Frage.
Statt Filmrollen bekommen die Kinos heute digitale Speichermedien wie USB-Sticks oder Festplatten geschickt, auf denen die Filme enthalten sind. Regisseur Michael Palm beleuchtet in „Cinema Futures“ diesen Aspekt und untersucht die Sinnhaftigkeit der „digitalen Revolution“ des Kinos. Steht den Filmarchiven das Ende bevor? Sind digitale Filmbestände überhaupt sicher? Stirbt das Medium „Film“ gar oder verändert es sich bloss?
Der gebürtige Linzer Palm wurde an der Wiener Filmakademie und der Universität Wien zum Editor und Theaterwissenschaftler ausgebildet. Seit 2001 realisierte er mehrere Kurzfilme und Kino-Dokus. Für Cinema Futures besuchte er internationale Archive, Hochschulen sowie Museen und sprach mit Kuratoren, Wissenschaftlern und Historikern. Auch Filmschaffende kommen zu Wort, darunter die Regisseure Martin Scorsese und Christopher Nolan.
Palm macht früh klar, dass er der Digitalisierung des Films sehr kritisch gegenübersteht. Er ist ein Liebhaber der „alten Schule“, ein Purist, der das Knattern des Projektors genauso liebt wie viele Musikfans das Knistern einer Schallplatte. Konsequent ist daher auch der Start in seinen Film, der die melancholische Grundstimmung (immerhin geht es um den Verlust des Bewährten) vorgibt. Er erinnert an die frühen Star-Wars-Filme, in denen Yoda noch von einem Schauspieler dargestellt wurde. 1999 trat der Jedi-Meister in Episode I erstmals als animierte Figur auf – eine Zäsur für viele Filmfans.
Palm stellt in seinen Gesprächen viele wichtige und richtige Fragen. Denn kein Geheimnis ist: Die Daten auf den modernen Trägermedien sind nicht ewig haltbar. Sie eignen sich nur begrenzt für die Langzeitbewahrung, weil sie schneller verloren gehen als der klassische Zelluloid-Film. Auf diesen Umstand verweisen auch Palms Gesprächspartner, allesamt Kenner des Metiers. Und nicht zuletzt gerät ein ganzer Berufssand in Gefahr: der des Archivars. In Interviews erläutern die Filmarchivare ihre schwierige Situation. Seit Jahrzehnten bewahren sie das „audiovisuelle Gedächtnis“ in Form fotochemischer Filmstreifen. Doch wie lange noch?
Schade ist, dass Palm fast ausschliesslich Gegner der Digitalisierung zu Wort kommen lässt. Personen, die seine Meinung stützen. Spannend wären die Ansichten jener gewesen, die der Wandlung des traditionellen Kinos offen gegenüber stehen und damit die Vorteile beleuchten. Zudem setzt Palm zu viel Wissen beim Publikum voraus. Viele Äusserungen – ob von ihm selbst oder den Experten – erweisen sich als zu akademisch und trocken. Hier merkt man dem Filmemacher seinen filmtheoretischen, wissenschaftlichen Hintergrund an.
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