Zeit für Legenden Kanada, Frankreich, Deutschland 2016 – 117min.
Filmkritik
Der schnellste Mann der Welt
Mit wahren Geschichten ist es immer so eine Sache. So spannend das Leben auch ist, zumeist bedarf es doch einer gewissen Fiktionalisierung, um das Drama stärker in den Fokus zu rücken. So ist es auch hier, da man zwar der inspirierenden Geschichte des farbigen Athleten gerecht wird, aber der notwendige Mut fehlt, auch zu zeigen, wie sie endete.
Jesse Owens (Stephan James) ist ein hervorragender Athlet. Sein Trainer Larry Snyder (Jason Sudeikis) erkennt in ihm das ganz große Potenzial, weswegen sie sich auf die Olympischen Spiele im Berlin des Jahres 1936 vorbereiten. Aber Owens ist schwarz. Schon in der Heimat wird er genug angefeindet, im Land der Herrenmenschen wird dies sicherlich nicht besser. Dazu kommt, dass die Amerikaner überlegen, ob sie die Spiele in einem Unrechtsregime wie dem Dritten Reich boykottieren sollen. Doch dann treten sie an – und Owens erobert die Herzen der Zuschauer.
Denn tatsächlich verweigert sich Race der hässlichen Realität, wenn er mit Jesse Owens' Hochgefühl nach dem Sieg bei der Olympiade endet. Zwar gibt es noch einen kleinen Epilog, der deutlich zu machen versucht, wie die Rassentrennung in den USA wirkte, aber das ist bei weitem nicht genug. Insbesondere dann, wenn man sich vor Augen führt, wie Owens' Karriere und Leben nach dem Olympia-Sieg weiterverlief.
Darauf wollte man sich hier aber nicht konzentrieren. Stattdessen setzt man auf das inspirierende Element, das wunderbar funktioniert. Zudem erlaubt sich Race tatsächlich auch einen bitteren Kommentar darauf, wie Schwarze in den USA der 1930er – und noch lange danach – behandelt wurden. Das sind kraftvolle Momente, die dann mit jenen in Berlin kontrastiert werden, was zu einem bissigen Kommentar führt. Allerdings stehen diesen kraftvollen Momenten auch einige gegenüber, die den Film zerfahren wirken lassen. So interessant es auch sein mag, die Hintergründe, wie die USA letztlich doch an der Olympiade teilnahmen, zu beleuchten, so irrelevant ist das für Jesse Owens' Geschichte. Hier hätte eine stärkere Konzentration auf Owens geholfen, auch und gerade in Hinblick darauf, dass der Olympia-Teil eigentlich der kleinere in diesem Werk ist.
Dabei ergibt sich dort einiges Interessantes, was aber teils auch fiktionalisierte Historie ist. Die Quellen widersprechen sich, aber das dramatische Potenzial, wenn Hitler sich weigert, einem Schwarzen die Hand zu geben, ist natürlich etwas, das man bei einem Werk wie Race nicht einfach links liegen lässt.
Letzten Endes ist kein Meisterwerk herausgekommen, aber ein solides Biopic, das mit seiner rechtschaffen moralischen Botschaft zu überzeugen weiß.
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