CH.FILM

Walter Pfeiffer - Chasing Beauty Frankreich, Deutschland, Schweiz, Grossbritannien 2017 – 89min.

Filmkritik

Kunstvolle Inszenierung von Schönheit

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Die Doku Chasing Beauty ergründet Wesen und Motivation des Mannes, der Modefotografie zur Kunst erhob: Walter Pfeiffer. Der Film lebt von der Offenheit und dem entwaffnenden Charme des Porträtierten. Außerdem bringt er dem Zuschauer ausführlich die Welt der Mode- und Erotik-Fotografie näher.

Erst 2001 gelang Walter Pfeiffer mit einem Fotobuch der große Durchbruch – mit 55 Jahren. Ein später Lohn für die vorherige, jahrzehntelange Arbeit. Dabei wurden Pfeiffers männliche Aktbilder zunächst als Schmuddelware unter dem Ladentisch gehandelt. Später erschienen sie in Schwulen-Zeitschriften, bis Museumsdirektoren die ästhetischen Bilder entdeckten. Das Porträt Walter Pfeiffer – Chasing Beauty beleuchtet Leben und Werk des in Zürich lebenden Künstlers.

Wie Walter Pfeiffer ist auch der Regisseur des Films, Iwan Schumacher, ein begnadeter Fotograf. Die Fähigkeiten im Umgang mit der Kamera erlernte er in den 70er-Jahren an der Zürcher Kunstgewerbeschule. In jener Zeit begann er auch, als Filmemacher und Drehbuchautor zu arbeiten. Seit 2004 konzentriert er sich auf Porträts Schweizer Künstler.

Das aufrichtige Porträt profitiert vom offenen Wesen und entwaffnenden Charme Pfeiffers. Mit seiner ehrlichen Art und vor allem dem trockenen Humor hat er die Sympathien der Zuschauer schnell auf seiner Seite. Hinzu kommt, dass er allerlei spannende Anekdoten aus seiner 45-jährigen Karriere zu erzählen hat. Ergänzt werden die Karriere-überspannenden Erinnerungen von Interviews mit ehemaligen Models. Einfache junge Männer von der Straße, die der Fotograf bei seinen Streifzügen durch die Städte oft selbst entdeckte.

Toll ist, dass Regisseur Schumacher so viele Models aus den 80er-Jahren ausfindig machen konnte. Einer der Männer erzählt vom Ärger mit den Eltern, da sich ihr Sohn von einem homosexuellen Künstler nackt fotografieren lässt. Die hohe ästhetische Qualität der Bilder mit der kunst- und stilvoll inszenierten Erotik überzeugte sie jedoch schnell. Viele dieser „Arbeitsproben“ aus allen Schaffensphasen zeigt der Film. Und: er präsentiert ihn häufig in seinem Element, hautnah und unverstellt: bei Foto-Shootings mit meist unerhört attraktiven, jungen Menschen. Im Studio oder im Freien blickt Schumacher ihm bei der Arbeit ausgiebig über die Schulter.

Dabei kommt immer wieder Pfeiffers angeborenes Leiden zum Vorschein: seine Hand zittert. Etwas, das ihn bei seiner fotografischen Arbeit eigentlich stark eingeschränkt. Umso beachtlicher ist, dass seine betörenden Bilder makellos und seine Motive stets sinnlich sowie einfallsreich in Szene gesetzt sind. Walter Pfeiffer – ein Mann, immer auf der Jagd nach dem Schönen und Ästhetischen. In diesem Sinne ist der Filmtitel mehr als treffend.

17.11.2017

4

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Kommentare

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hyper80

vor 6 Jahren

Schöne Dokumentation über eine lebende Legende der Schweizer Fotografieszene. Sehr persönlich, sehr intim und mit einem wirklich charmanten und witzigen Walter. Toll geworden!


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