7 Tage in Entebbe Grossbritannien, USA 2018 – 107min.
Filmkritik
Eine Geschichte von gestern für heute
Mit seinem Polit-Thriller 7 Tage in Entebbe kehrt der brasilianische Regisseur José Padilha zu seinen Wurzeln zurück. In Hollywood reüssierte er mit dem Robocop-Remake, aber seine beiden Tropa de Elite-Frühwerke sind es, die nach wie vor zu seinen besten Arbeiten gehören. Die Intensität dieser brasilianischen Geschichten hat er nun auch in seinem neusten Film eingebracht.
Im Juni 1976 wird ein Flugzeug der Air France von palästinensischen Terroristen und Helfern der RAF entführt. Die Maschine wird nach Entebbe in Uganda umgeleitet, wo man die Passagiere in ein stillgelegtes Terminal bringt. Die Terroristen wollen mittels Erpressung nun mehr als 50 Kampfgenossen aus israelischer Haft freibekommen, während die Regierung in Israel überlegt, ob man der alteingesessenen Linie, nicht mit Terroristen zu verhandeln, untreu werden oder einen Befreiungsversuch unternehmen soll. Die Tage vergehen, und die Situation spitzt sich immer mehr zu.
7 Tage in Entebbe ist ein intensiver, die Ereignisse akkurat schildernder Film, der nicht nur einen einzigen Blickwinkel einnimmt, sondern eine tiefergehende Charakterisierung der Terroristen zeigt, aber auch die politische Dimension der Entscheidungen im israelischen Kabinett in den Fokus rückt. Dass die Befreiungsaktion der mehr als 100 Geiseln eine militärische Glanzleistung war, unterminiert der Film nicht, zeigt aber auch, dass dieser Erfolg nur durch einen der Geiselnehmer möglich wurde: Einer der Deutschen weigerte sich damals, die Geiseln zu erschiessen – ein Umstand, der später auch von den Geiseln bestätigt wurde. Ohne dieses Verhalten hätte die Operation mit einem Massaker enden können.
Daniel Brühl spielt den Terroristen, der – anders als die von Rosamund Pike dargestellte Kollegin – zu Gewissensbissen kommt. Er hinterfragt das eigene Handeln, kann aber wie sie dem Sog der Ereignisse nicht mehr entkommen. Das sind schmackhafte Szenen, die eine Vermenschlichung bieten, ohne zu verharmlosen oder zu entschuldigen. Vielmehr versucht der Film, fast schon kalt und objektiv das Geschehen und die Protagonisten aus allen Perspektiven zu zeigen.
Beeindruckend ist der Film nicht nur des exakten Drehbuchs wegen, sondern auch, weil José Padilha die Befreiungsaktion mit einer gleichzeitig stattfindenden Tanzszene kontrastiert, die dem Ganzen nicht nur eine opernhafte Gravitas beschert, sondern als Metapher auf den Teufelskreislauf, in dem sich alle befinden, bestens funktioniert.
Padilha zeigt eine Welt, in der ein israelischer Soldat den ultimativen Mut beweist, indem er ein Flugzeug besteigt, das ihn in den Kampf führt, während ein Politiker am anderen Ende des Spektrums den Mut zu Verhandlungen haben muss, obwohl er dafür im eigenen Land gesteinigt wird. Ein exzellenter Polit-Thriller, der heute aktueller denn je ist.
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