Ramen Shop Frankreich, Japan, Singapur 2018 – 89min.

Filmkritik

Nahrung für die Seele

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Der Originaltitel von Ramen Shop ist bezeichnend für das kulinarische Drama aus Singapur: Er lautet «Ramen Teh», einer Kombination aus der japanischen Spezialität Ramen und dem chinesischen Bak Kut Teh – und steht sinnbildlich dafür, welch verbindende Wirkung dem Essen im Film beigemessen wird.

Für den jungen Koch Masato (Takumi Saitoh) ist Kochen nicht nur Leidenschaft, sondern auch mit vielen Kindheitserinnerungen verbunden. Als sein Vater überraschend stirbt, macht er sich deshalb aus dem kleinen japanischen Ort, wo er mit seinem Vater einen Ramen-Shop betrieben hat, auf in die kulinarische Metropole Singapur, wo er sich auf Spurensuche begibt: Nach der Geschichte seiner früh verstorbenen Mutter, die sich in Singapur in seinen japanischen Vater verliebt hat und mit ihm nach Japan gezogen ist. Dort trifft er auf die Food-Bloggerin Miki (Seiko Matsuda), mit deren Hilfe er seinen Onkel (Tsuyoshi Ihara) und schlussendlich auch seine Grossmutter mütterlicherseits wiederfindet.

Diese ist aber wenig begeistert vom plötzlichen Auftauchen ihres verschollenen Enkels – zu tief sind die Wunden, die der Konflikt zwischen China und Japan während dem Zweiten Weltkrieg hinterlassen haben und zu gross der Kummer, dass sich ihre Tochter ausgerechnet auf einen damals zu den Feinden zählenden Japaner eingelassen hat. Masato, der sich von seinem Vater entfremdet hat und von seiner Mutter nur noch ein Tagebuch besitzt, das er wegen fehlender Chinesisch-Kenntnissen nicht einmal lesen kann, ist auf der Suche nach seiner Identität und versucht dieser mithilfe der Gerüche und Aromen aus seinen Kindheitserinnerungen auf die Spur zu kommen. Essen nimmt dann auch visuell einen grossen Platz ein in Eric Khoos Drama: Es wird gekocht, probiert und gegessen, kreiert, geschwärmt und genossen. Die Aufnahmen der für Japan so typischen Ramen-Suppen und Singapurs Fusion-Kreationen sind unaufgeregt authentisch und nichtsdestotrotz auf ihre eigene Art und Weise wunderschön.

Gerade, weil Ramen Shop dem Essen durch Masatos Suche nach seinem Familienerbe und der durch Rückblenden erzählten Liebesgeschichte seiner Eltern eine emotionale Komponente verleiht, wird eine kulinarische Spezialität so zu mehr als nur den Einzelteilen ihrer Zutaten: Es ist das kulturelle, historische und familiäre Bindeglied zwischen Menschen, die nicht einmal die gleiche Sprache sprechen. Auch wenn die Liebesgeschichte zwischen Masotos Eltern ein wenig hölzern und allzu sentimental wirkt, und gewisse Elemente der Geschichte mehr ausgekostet werden könnten (zum Beispiel, als Masoto in Singapur auf seinen Onkel trifft und von ihm das Familienrezept für Bak Kut Teh überliefert bekommt, das ihn so sehr an seine Mutter erinnert) ist Ramen Shop eine unaufgeregte und bodenständige Ode an die verbindende Kraft des Kochens und Essens – nicht auf Spitzenkoch-Niveau, sondern so, dass einem immer und immer wieder das Wasser im Mund zusammenläuft. Auf keinen Fall mit Hunger anschauen!

26.03.2024

3.5

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