Der Distelfink USA 2019 – 150min.
Filmkritik
Vöglein flieg
Die Verfilmung eines 800 Seiten dicken, Pulitzer-Preis gewinnenden Erfolgsromans kommt in wunderschönen Bildern daher, wirkt oft aber so unnahbar wie das Museumsstück, das im Mittelpunkt dieser Geschichte steht.
Mit 13 Jahren besucht Theo Decker (Oakes Fegley) gemeinsam mit seiner Mutter (Haily Wist) das Metropolitan Museum in New York, als eine Bombe losgeht und die Alleinerziehende getötet wird. Als einer der wenigen Überlebenden des Anschlags wird Theo von der reichen Familie seines Schulfreundes Andy (Ryan Foust) aufgenommen, dessen Mutter (Nicole Kidman) sich ihm besonders annimmt. Als aber plötzlich Theos Vater (Luke Wilson) aus der Versenkung auftaucht und seinen Sohn nach Las Vegas bringt, wo er mehr oder weniger legalen Geschäften nachgeht, nimmt Theos Leben eine drastische Wendung.
Regisseur John Crowley (Brooklyn) wagte das ambitiöse Projekt, aus dem 800 Seiten umfassenden Buch von Donna Tartt, das 2014 den Pulitzer Preis gewonnen hat und von Kritikern und Lesern gleichermassen geliebt wird, einen zweieinhalbstündigen Film zu machen. Da eine Drehbuchseite einer Minute Film entspricht, fielen demnach über 600 Seiten des literarischen Meisterwerks der Schere zum Opfer, was dem Verständnis der Geschichte nicht dienlich ist.
"Der Distelfink" ist ein existierendes Bild des Holländers Carel Fabritius aus dem Jahre 1654, dem Jahr, als der Maler in einer Explosion des Delfter Pulvermagazins ums Leben kam. Das Bild überlebt, im wahren Leben wie auch in dieser fiktiven Geschichte, und spielt im Verlauf des Films eine zentrale Rolle.
Die absolute Starbesetzung mit Ansel Elgort (Steven Spielbergs West Side Story) als erwachsener Theo, Jeffrey Wright (Basquiat, The Hunger Games) als sein Ersatzvater und Hollywoods begehrtestem Jungstar Finn Wolfhard (Stranger Things, It) als Theos unorthodoxer bester Freund in Las Vegas wird vom Oscar-Preisträger und Cinematografen Roger Deakins in stilvolle Bilder getaucht. Ob stimmungsvolle Sonnenuntergänge über den banalen Reihenhäusern eines Vororts von Las Vegas oder die Zeitlupenaufnahmen der Rauchwolke der Explosion, das Auge kann sich kaum sattsehen.
Das Problem liegt jedoch beim Drehbuch. Die Geschichte wird in unzähligen Sprüngen zwischen Gegenwart und Vergangenheit erzählt, der Anfang beginnt mit dem Ende und endet mit dem Anfang, was das Verständnis der Geschichte nicht erleichtert. Nicole Kidman spielt die Rolle von Theos Schutzengel unnötig kalt und mysteriös und Ansel Elgort, der bisher in Filmen wie Das Schicksal ist ein mieser Verräter und Baby Driver vor allem Halbwüchsige gespielt hat, scheint sich mit dieser nuancierten Figur eher schwer zu tun. Der Distelfink ist ein Patchwork einer Geschichte, die von seinem gestylten Look und ein paar einfühlsamen Darstellungen wie der von Jeffrey Wright lebt, welcher den Antiquitätenhändler Hobie zum moralischen Kompass der Geschichte werden lässt.
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Kommentare
Ich habe diesen nicht enden wollenden Roman gelesen, der jede noch so kleine Gefühlsregung bis ins kleinste Detail beschrieb ( was auch manchmal etwas anstrengend sein kann).
Nun, dieser Film ist, wenn man das Buch nicht gelesen hätte, sehr verwirrend, ein heilloses Durcheinander von Geschehnissen in den unterschiedlichsten Zeiten. Für meinen Teil sehr emotionslos. Es reiht sich die Geschichte auf, als wäre sie auseinandergefallen, und niemand weiss jetzt mehr, was man eigentlich zu erzählen hat.
Ausser Boris haben mich die Schauspieler nicht überzeugt, vielleicht liegt es daran, dass man sich die Personen anders vorstellt beim Lesen des Buches.… Mehr anzeigen
Die Romanvorlage von Donna Tartt ist eine runde Sache. Sie enthält ein Coming-Off-Age Phänomen, zwei Liebesgeschichten und einen Krimi. Und weil es sich im Kern um ein kleines Gemälde handelt, bekommen wir noch eine Lektion in Kunstgeschichte erteilt: das Bild stammt vom niederländischen Maler und Rembrandt Schüler Carel Fabritius und fällt dem jungen Theo in die Hände, als dieser gerade ein Museum besucht, das in die Luft gesprengt wird.
Es beginnt eine Odyssee des kleinen Theo (Ansel Elgort), auf der er immer das Bild dabeihat. Er begegnet netten und bösen Menschen, steigt zum Geschäftsmann auf, findet eine Unterkunft bei einer wohlhabenden Familie, mit Mrs. Barbour (Nicole Kidman).
Die erste Hälfte zieht sich arg in die Länge, da will kein Funken überspringen. Der Zuschauer verfolgt recht distanziert das Geschehen auf der Leinwand. Die Akteure vor der Kamera inklusive Miss Kidman spielen hölzern und ohne Charme. Selbst die Wiederholungen in Slomo bringen wenig. Die Liebesgeschichte zwischen Theo und Pippa (Ashley Cummings) bleibt trocken.
Der Schnitt zerteilt die Handlung und macht so manche Szenen unverständlich. Man kommt einfach nicht ins Geschehen hinein. Brecht sprach da von einem Guckkasten Theater, das emotionsfrei am Zuschauer vorbeirauscht.
Ein, zwei Szenen können überzeugen und verhindern die Bewertung ärgerlich. Der Roman war hingegen ein echter Knüller. Ohne ihn gelesen zu haben ist der Film schwer verständlich.… Mehr anzeigen
Die Romanvorlage von Donna Tartt ist eine runde Sache. Sie enthält ein Coming-Off-Age Phänomen, zwei Liebesgeschichten und einen Krimi. Und weil es sich im Kern um ein kleines Gemälde handelt, bekommen wir noch eine Lektion in Kunstgeschichte erteilt: das Bild stammt vom niederländischen Maler und Rembrandt Schüler Carel Fabritius und fällt dem jungen Theo in die Hände, als dieser gerade ein Museum besucht, das in die Luft gesprengt wird.
Es beginnt eine Odyssee des kleinen Theo (Ansel Elgort), auf der er immer das Bild dabeihat. Er begegnet netten und bösen Menschen, steigt zum Geschäftsmann auf, findet eine Unterkunft bei einer wohlhabenden Familie, mit Mrs. Barbour (Nicole Kidman).
Die erste Hälfte zieht sich arg in die Länge, da will kein Funken überspringen. Der Zuschauer verfolgt recht distanziert das Geschehen auf der Leinwand. Die Akteure vor der Kamera inklusive Miss Kidman spielen hölzern und ohne Charme. Selbst die Wiederholungen in Slomo bringen wenig. Die Liebesgeschichte zwischen Theo und Pippa (Ashley Cummings) bleibt trocken.
Der Schnitt zerteilt die Handlung und macht so manche Szenen unverständlich. Man kommt einfach nicht ins Geschehen hinein. Brecht sprach da von einem Guckkasten Theater, das emotionsfrei am Zuschauer vorbeirauscht.
Ein, zwei Szenen können überzeugen und verhindern die Bewertung ärgerlich. Der Roman war hingegen ein echter Knüller. Ohne ihn gelesen zu haben ist der Film schwer verständlich.… Mehr anzeigen
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