En corps – Das Leben ein Tanz Belgien, Frankreich 2022 – 117min.
Filmkritik
Den Körper verlieren, um ihn wiederzufinden
Nach einem Dokumentarfilm über die Primaballerina Aurélie Dupont im Jahr 2010 ist «En Corps» der zweite Film von Cédric Klapisch über die Welt des Tanzes. Mit der Entscheidung, sich auf das Vergnügen zu konzentrieren, inszeniert er die Schönheit der Körper im Dienste einer Geschichte des Wiederaufbaus.
Wir sollten gleich zu Beginn Klapischs ausgezeichnete Idee - und Anforderung - hervorheben, die Hauptrolle mit einer echten Tänzerin zu besetzen, die erst mit seinem Film zur Schauspielerin wurde: In «Black Swan» war der umgekehrte Prozess am Werk, was zu technisch einwandfrei synchronisierten Szenen führte, in denen Natalie Portmans Gesicht jedoch seltsam gegensätzlich zum Ausdruck ihrer Figur wirkte. Für Marion Barbeau, Primaballerina an der Pariser Nationaloper, war dies ihre erste Rolle als Schauspielerin: genau geführt, mit einer minimalistisch gefärbten Eleganz, ist es ihre Kunst, die sich in den Dienst ihres Spiels stellt, und nicht umgekehrt.
«En Corps» beginnt mit einem 15-minütigen Prolog: Ohne Worte wird die Handlung des Films zusammengefasst und wir folgen Elise von den Kulissen bis zur Bühne, bis zum fatalen Moment des Sturzes. Hinter dem Vorhang trennt das Licht die Welt der Künstler von der Welt der Zuschauer: Hinter den Kulissen, in der Dunkelheit, steigt die Aufregung bei den ersten vor dem Auftritt. Sobald die Scheinwerfer eingeschaltet sind, ist das Publikum an der Reihe, im Dunkeln zu sitzen, stumme Zeugen, aber dennoch von grösster Präsenz. Klapisch lässt Leid und Anstrengung nicht völlig außer Acht, konzentriert sich aber bewusst auf Schönheit und Vergnügen und kratzt damit an einer oft frauenfeindlichen Welt, in der Frauenfiguren auf die Rolle der tragischen Heldin beschränkt sind.
Die kinetischen Entwicklungen der Tänzerinnen in den Vor- und Abspannen, die auf dem Film in der Art von Eadweard Muybridge, dem Vater des Kinos, der die Fotografie als Mittel zur Untersuchung von Bewegungen einsetzte, zerlegt werden, finden ihren Widerhall in einem energiegeladenen Rock: «Le tutu, c'est cucul», sagt eine Figur mit widersprüchlichem Geist. Und genau das Gegenteil zeigt Klapisch mit der Entwicklung seiner Heldin: Nicht nur, dass die Klassik nicht unbedingt kitschig ist, sondern dass ihre Strenge im Dienste der Moderne sublimiert werden kann, die Elise mit wachsender Freude bis zur Schlussszene erkundet, in der sie einen abwesenden Vater und die Verfechter der Klassik um jeden Preis um ihre Kunst versöhnt.
Als Feel-good-Movie wählt «En Corps» bewusst einen wohlwollenden Ansatz in einer Welt, in der Tiefschläge und Rivalitäten nicht selten sind. Und doch kommen auch die Anhänger der klassischen Schule auf ihre Kosten, zwischen den zarten, aber millimetergenauen Gesten des Balletts und der Energie, die die zeitgenössische Truppe ausstrahlt, in deren Mitte die Kamera mit Leichtigkeit herumwirbelt. Klapisch findet das richtige Gleichgewicht zwischen Erzählung und Tanzszenen, in denen die Sekunden nicht nur ein Vorwand für den Augenschmaus sind, und liefert einen angenehmen Kinomoment, der keine Schwierigkeiten haben dürfte, sein Publikum zu finden.
Übersetzung aus dem Französischen von Laurine Chiarini durch Zoë Bayer.
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