CH.FILM

Für Hunde und Italiener verboten Frankreich, Italien, Portugal, Schweiz 2022 – 70min.

Filmkritik

Eine wunderbare Stop-Motion-Familiengeschichte

Filmkritik: Maxime Maynard

Regisseur Alain Ughetto liefert mit «Verboten für Hunde und Italiener» eine ergreifende Familiengeschichte, die im Gewand eines einfachen und effektiven Stop-Motion-Langfilms daherkommt: ein purer Genuss!

Luigi Ughetto wird in einem kleinen Dorf in den italienischen Bergen geboren. Am Ende des 19. Jahrhunderts bedeutet das ein entbehrungsreiches Leben. Deswegen macht er sich mit der Hoffnung dort Arbeit zu finden auf den Weg nach Frankreich. Im Laufe der Geschichte – mit Rückkehr in die alte Heimat, Liebe und Dramen – entfaltet sich aus dieser Ausgangssituation die Chronik einer Familie und die Geschichte eines ganzen Landes.

Filmemacher Alain Ughetto lässt dem Publikum gerne Zeit, um seine Werke zu geniessen. Während er schon 1985 «La Boule» veröffentlichte und im selben Jahr den César für den besten animierten Kurzfilm gewann, wagte er sich erst 2013 mit dem faszinierenden, animierten Dokumentarfilm «Jasmine» an seinen ersten Langfilm. Zehn Jahre sind seitdem vergangen – nun ist er endlich wieder da, um uns abermals einen emotionalen Glücksmoment zu schenken.

Bei seinen Kulissen, Figuren und Animationen hebt sich «Verboten für Hunde und Italiener» durch die offensichtliche Einfachheit ab. Pappe, Kohle, Brokkoli und Zucker verwandeln sich in Häuser, Berge, Wald und Schnee: eine Reihe einfacher Materialien, die gleichzeitig den harten Alltag einer vergangenen Epoche widerspiegeln. In puncto Körperbau unterscheiden sich die Puppen vor allem durch lustige Haarvariationen. Gerade diese Nüchternheit ermöglicht es dem Publikum, die Geschichte der Familie Ughtetto in vollem Umfang zu geniessen.

Aus Erzählungen seiner Eltern, den Erinnerungen seiner Cousins und Anekdoten seiner Geschwister entwickelt Alain Ughetto das Leben eines Großvaters, den er nie kennengelernt hat. Um von dieser Existenz zu erzählen, begibt er sich in einen fiktiven Dialog mit einer 23 cm großen Puppe, die nach dem Vorbild seiner Grossmutter Cerisa geschaffen wurde. Die warme Stimme des Filmemachers befragt sie, wundert sich und gibt ihr Auskunft. Ughettos Hand aus Fleisch und Blut überwindet die Grenze zwischen Realität und Fiktion und schafft so eine herzerwärmende, Generationen überwindende Verbindung zwischen den Figuren.

Dabei ist der Film weit davon entfernt, nur eine Familiengeschichte zu sein, sondern wird zur bewegenden Beschreibung einer ganzen Generation und der Wirren eines Landes. Hunger, Elend und Faschismus: Die Härte des Alltags im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert steht im Gegensatz zu Luigis Optimismus. Auch die schlimmsten Momente werden nicht ausgelassen, oftmals schlägt der Tod wahllos zu und verschont niemanden. Diese Dramen werden mit einer sanfter Zurückhaltung erzählt, was sie umso ergreifender macht.

Eine Unterrichtsstunde verlorene Geschichte, ein Familientreffen und ein generationenübergreifendes Gespräch: «Verboten für Hunde und Italiener» von Alain Ughetto ist ein Genuss und hat nur einen einzigen Fehler – nicht noch etwas länger zu dauern. Ein erschütternder, faszinierender und ansprechender Film!

12.03.2024

4.5

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Kommentare

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Filmenthusiast

vor einem Jahr

Meisterwerk


thomasmarkus

vor einem Jahr

Filmisch sehr schön und liebevoll gemacht -
vom Plot her nicht nur einfach; liegt dran, dass es nicht um erfundene,
sondern nachempfundene Geschichte geht...


Patrick

vor einem Jahr

Wunderbarer Film und ist ebenso Wundervoll umgesetzt. In der kurzen Film Laufzeit wird sehr viel erzählt. Fazit:Ein absoluter Geheimtip,

Filmenthusiast

vor einem Jahr

Ich bin froh, dass wir endlich mal übereinstimmen :-)


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