La Syndicaliste Frankreich, Deutschland 2022 – 122min.
Filmkritik
Der Fall Maureen Kearney
Jean-Paul Salomé, der 2019 mit «La Daronne» das Dealermilieu komödiantisch erkundete, arbeitet erneut mit Isabelle Huppert zusammen und präsentiert mit «La Syndicaliste» einen auf wahren Begebenheiten beruhenden düsteren Thriller. Der Film feierte am Festival du film français d'Helvétie (FFFH) in Biel seine Premiere.
Maureen Kearney (Isabelle Huppert) hat den Ruf, eine rücksichtslose Gewerkschafterin beim französischen Atomkonzern Areva zu sein. Als sie sich 2012 zu sehr für eine Affäre zwischen ihrem Unternehmen und China interessierte, die mehr als 50.000 Arbeitsplätze bedrohte, wurde sie erst niedergeschlagen und dann sexuell angegriffen. Jean-Paul Salomé nimmt sich dieser wahren Geschichte an und stützt sich dabei auf den gleichnamigen Roman von Caroline Michel-Aguirre.
Leider verlässt sich der Regisseur bei diesem schwer zu glaubenden Ereignis auf sein Label "Wahre Geschichte", um sich der Pflicht zu entledigen, seiner Erzählung die nötige Glaubwürdigkeit oder eine tiefgründige Charakterisierung der Figuren zu verleihen. Obwohl die Ereignisse unbestreitbar stattgefunden haben, nimmt Salomés Nachlässigkeit bei der Einführung seiner Protagonisten, der Erklärung ihrer Reaktionen und Entscheidungen dem Publikum viel von dem Vertrauen, das es dem Film entgegenbringt.
Mangelhaft ausgearbeitete Charaktere machen die Darstellung kompliziert. Die von Grégory Gadebois und Marina Foïs gespielten Nebenrollen heben zwar das Niveau, aber es fehlt die Virtuosität des Schauspiels, zu der Isabelle Huppert eigentlich fähig ist. Dieser Mangel an Sorgfalt beim Drehbuch wird leider kaum durch die Technik wettgemacht, die bei der Beleuchtung und den Kamerabewegungen schwächelt, die wenig aussagekräftig, wenn nicht sogar technisch misslungen sind. Die unerwartete Wendung, die der Fall in der Mitte des Films nimmt und die an Themen anknüpft, die z. B. in «La Nuit du 12 - In der Nacht des 12.» brillant behandelt wurden, belebt jedoch das Interesse wieder. Das Auge wird durch eine besser genutzte Kulisse, insbesondere in den Szenen in Annecy, angeregt.
Übersetzung aus dem Französischen durch Maria Engler
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