Was man von hier aus sehen kann Deutschland 2022 – 103min.

Filmkritik

Ein absurdes Märchen

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

«Was man von hier aus sehen kann» ist die Verfilmung von Mariana Lekys erfolgreichem Roman, der von einem Provinzdorf erzählt, in dem praktisch alles skurril und sehr eigen ist. Man hätte es einem deutschen Film nicht unbedingt zugetraut, dem auch filmisch gerecht zu werden. Aber es hat funktioniert!

Schon immer lebt Luise bei ihrer Grossmutter in einem kleinen, unscheinbaren Dorf irgendwo im Westerwald. Ihre Oma hat eine ganz besondere Gabe. Vielleicht ist es aber auch eher ein Fluch. Immer dann, wenn sie von einem Okapi träumt, stirbt am nächsten Tag jemand. Die ersten zwei, drei Male hielt man das noch für Zufall, aber je öfter es passierte, desto aufmerksamer wurden die Dorfbewohner. Da man nie genau weiss, wen es treffen wird, sorgt ein neuer Traum der Oma dafür, dass alle Dorfbewohner ihre Angelegenheiten in Ordnung bringen – nur für den Fall natürlich. Und dann ist es wieder soweit. Die Grossmutter träumt von einem Okapi. Aber wer muss dieses mal Abschied nehmen?

«Was man von hier aus sehen kann» ist ein total skurriler Film. Nichts, was man vom deutschen Kino erwarten würde. Ein Film, wie man ihn bei einem Jean-Pierre Jeunet oder Anders Thomas Jensen erwarten würde, aber hier ist es Aron Lehmann, der tief in das absurd Märchenhafte dieser Geschichte eindringt. Und wenn man märchenhaft sagt, dann meint man vor allem eines der eher düsteren Gangart. Denn dieses Dorf mutet an wie ein verwunschener Ort, in der die Zeit stehen geblieben ist, ohne moderne Technik. Mit Menschen, die manchmal nicht mal Namen haben, sondern nur mit ihrer Berufsbezeichnung angesprochen werden. Und Läden, die auch keine Namen haben, sondern einfach nur „Buchladen“ und ähnliches heissen.

Kurz gesagt: Die Welt dieses Films ist ausgesprochen eigentümlich, so wie die schrägen Bewohner, die das Dorf bevölkern, aber auch die Besucher, die hier auftauchen – etwa der Mönch aus Hessen, der nach Japan will. Selbst der Hund der von Luna Wedler wundervoll gespielten Hauptfigur trotzt der Realität – er ist so alt, wie kein Hund sein dürfte. Nichts an diesem Film mutet real an. Schon eher irreal. Aber zugleich schafft er es auch, die Tristesse und Eintönigkeit des Provinzlebens einzufangen. Hier prallen Realität und Surrealität aufeinander wie ein ungleiches Liebespaar, das nicht voneinander lassen kann und deren Kind der Liebe von exquisiter Schönheit ist.

28.12.2022

5

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Kommentare

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Pümme

vor einem Jahr

Solch einen einfühlsamen, lustigen, schrägen Film (habe sogar Tränen verdrückt) habe ich selten gesehen. Luna Wedler ist der Oberhammer geschweige von Corinna Harfouch. Unglaublich


Patrick

vor einem Jahr

Skurril,Schön und geht ans Herz.Trotz des makaberen und traurigem Inhalt,ist es dennoch ein Feelgood Movie.

Zuletzt geändert vor einem Jahr


thomasmarkus

vor einem Jahr

Geschichte gut eingrfangen, so das, was man auch vom Buch aus sehen kann...
Einzigartig, so kaum je erlebt: Ziemlich voller Kinosaal, überdurchschnittlich gut besucht wie selte, am Schluss, beim Abspann, bleibt das Publikum sitzen, manche (gezeichnete) vorüberziehende Szenen werden leise kommentiert, gar beklatscht, es scheint, als wollten alle noch weiter sehen, was von hier aus quasi gesehen werden kann...Mehr anzeigen


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