CH.FILM

Die Mittagsfrau Deutschland, Luxemburg, Schweiz 2023 – 136min.

Filmkritik

Aus der Bahn geworfen

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

«Die Mittagsfrau» ist eine gelungene Bestsellerverfilmung, die einen Zeitraum von 25 Jahren abdeckt und die Geschichte einer Frau erzählt, die gezwungen war, sich selbst zu verleugnen, um zu überleben.

Die Schwestern Helen und Martha kommen in den 20er Jahren nach Berlin. Während sich Martha dem Partyleben hingibt, hat Helene einen Traum. Sie will Ärztin werden, doch das Leben nimmt auf Wünsche und Träume selten Rücksicht. Erst kommt die Liebe, dann ein Schicksalsschlag und schliesslich findet sich Helene in einem Land wieder, in dem sie verbergen muss, dass ihre Mutter nicht nur als Geisteskranke eingesperrt, sondern auch noch Jüdin ist. Für Helene geht es nun ums Überleben.

«Die Mittagsfrau» ist ein sehr gelungener Film, der es schafft, nicht nur plausibel eine Geschichte über einen Zeitraum von einem Vierteljahrhundert zu erzählen, sondern das Publikum dabei auch stark involviert. Denn hier wird nicht alles komplett auserzählt – manches findet auch nur zwischen den Zeilen statt und fordert das Publikum auf, die Bruchstücke selber zusammenzufügen. Das ist faszinierender, weil dieser Ansatz tatsächlich eher literarisch als filmisch ist. Und dennoch funktioniert er: Szene für Szene tragen zu einem Mosaik bei, das schliesslich ein grosses Bild ergibt.

Die Geschichte einer Frau, die sich selbst verleugnen muss, die sich gegen einen Mann bewähren muss, der sie kleinhalten will und die immer in Angst vor der Entdeckung lebt, ist exzellent umgesetzt. Hauptdarstellerin Mala Emde gelingt es dabei, sowohl die junge, als auch die ältere Helene mit Bravour zu spielen. Dies ist eine Figur mit Ecken und Kanten und einem Handeln, das man nicht immer verstehen muss – weil Menschen selten in ihrer Gänze zu verstehen sind. Manche handeln irrational, für sie selbst ergibt es jedoch Sinn. Diesem Gedanken folgt auch «Die Mittagsfrau». Der Film macht es weder seiner Hauptfigur, noch dem Publikum leicht. Aber: Er ist gerade deswegen enorm sehenswert.

14.11.2023

4

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CineMani

vor einem Jahr

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