Perfect Days Deutschland, Japan 2023 – 123min.

Filmkritik

Eine zarte Liebeserklärung an Japan

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Neben seinem Dokumentarfilm «Anselm» ist Wim Wenders in Cannes auch noch im Wettbewerb vertreten. Und das mit seinem besten Spielfilm seit sehr langer Zeit. «Perfect Days» begleitet einen einfachen Mann bei seinen täglichen Routinen und ist dabei eine zarte Liebeserklärung an Japan.

Hirayama (Kōji Yakusho, «Babel») führt in Tokio ein ebenso einfaches wie von Routine geprägtes Leben. Jeden Morgen erhebt er sich noch vor Sonnenaufgang von seinem Futon, wenig später beginnt seine Schicht: täglich putzt er im Stadtteil Shibuya die von bekannten Architekten entworfenen öffentlichen Toiletten des Tokyo Toilet Project. Nach der Arbeit geht es dann noch in eine Suppenküche, den Waschsalon oder ein Stadtbad, bevor sich sein Tag wieder dem Ende zuneigt. Gelegentlich sorgen unerwartete Begegnungen für Abwechslung. Aber eigentlich könnte sich Hirayama seine ganz gewöhnlichen Tage kaum perfekter vorstellen.

Ein Film, so bescheiden wie sein Protagonist. Wer befürchtet hatte, Wim Wenders würde in seinem zehnten Cannes-Wettbewerbsfilm mit allzu vielen Japan-Klischees und westlich-exotisierenden Blick auffallen, darf aufatmen. Der Regie-Altmeister verleiht seiner Liebe zu Tokio viel mehr sehr behutsam und zurückhaltend Ausdruck, nicht zuletzt durch wundervolle Bilder seines Kameramanns Franz Lustig.

Hin und wieder würde man sich vielleicht doch wünschen, das von Wenders gemeinsam mit Takuma Takasaki verfasste Drehbuch würde ein klein wenig mehr Einblick in die Persönlichkeit des schweigsamen Protagonisten geben. Gleichzeitig drückt Kōji Yakusho allein mit Mimik und Körpersprache meist mehr aus als die meisten anderen Schauspieler im diesjährigen Cannes-Wettbewerb. Und gemessen daran, dass andere Spielfilme des Deutschen (etwa «Palermo Shooting» oder «Every Thing Will Be Fine») zuletzt schwer erträglich waren, ist «Perfect Days» nun erst recht eine erfreuliche, geradezu zarte Überraschung.

21.12.2023

4

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Kommentare

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Patrick

vor 8 Monaten

Perfect Days ist wie unseres Alltagsleben mal: Öde mal Langweilig mal Liebenswert und mal Lustig so kan man das Oscar Nominierte (für bester Fremendsprachiger Film) Movie am besten beschreiben. Fazit: Ein Experiment Movie das auch wie eine Doku über WC-Putzer daherkommt. Dafür gibt’s von Mir 3.1/2 Sterne von 5.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 8 Monaten


8martin

vor 9 Monaten

Auf dieses Kunstwerk von Wim Wenders muss man sich einlassen. Im Zentrum dieser perfekten Tage steht der Alltag des Toilettenreinigers Hirayama (Koji Yakusho). Die Monotonie des Alltags wirkt mit ihren Wiederholungen keineswegs langweilig, weil Wenders es versteht die Eintönigkeit des Tagesablaufs durch kleine, aufmunternde Highlights immer wieder aufzuhübschen und gleichzeitig den Zuschauer unbewusst dank des großartigen Hauptdarstellern sowie Crew und Ambiente mit einer latenten Charmeoffensive zu attackieren. Von den kleinen Dramen aus Hirayamas Arbeitswelt mit Kollegen oder Kunden wird durch das Auftauchen seiner Nichte (Arisa Nakano) zusätzliche Hintergrundinfo geliefert, was Spekulationen über den Tennessee Williams lesenden Toilettenreiniger freisetzen könnte oder ein Streiflicht auf seinen familiären Hintergrund wirft. Der Score mit Beispielen von Otis Reading oder Lou Reed z. B. streichelt die Seele des Publikums und verstärkt das Feel-Good-Gefühl emotional. Dazu gehört auch die japanische Version des House of the Rising Sun leicht verfremdet gesungen von der Enka Ikone Sayuri Ishikawa.
Das Tic-tac-toe Sudoku, das Hirayama mit einem unbekannten Toilettenbenutzer mittels eines Zettels hinter dem Spiegel spielt, leitet zum finalen Überbau, wenn der Toilettenreiniger mit dem Ex der Enka Sängerin Tomoyama (Tomokazu Miura), der er offenbar recht freundschaftlich zugetan ist, aber über sein Verhältnis zu ihr nicht sprechen will. Die beiden klären nun die Frage, ob ein Doppelschatten dunkler ist als ein einfacher. Beide Phänomene sagen doch etwas über das frühere Leben von Hirayama aus, ähnlich wie sein Umarmen der Bäume. Er ist für seine Umgebung wie das Auge eines Orkans, in dem es ja bekanntlich windstill ist, während um ihn herum die großen und die kleinen Probleme umhergewirbelt werden. Er ist mit seinem Leben zufrieden. Für ihn sind es perfect days.Mehr anzeigen


susapre

vor 10 Monaten

Ein wunderbarer Film!!!! Höchst sehenswert


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