Poor Things Irland, Grossbritannien, USA 2023 – 141min.
Filmkritik
Wenn Frankensteins Monster eine Frau wäre
Yorgos Lanthimos kehrt nach «The Favourite», mit dem er 2019 grossen Erfolg hatte, ins Kino zurück – mit Emma Stone in der gewagten Rolle eines weiblichen Frankenstein-Monsters.
Während eines wissenschaftlichen Experiments gelingt es Dr. Goldwin Baxter (Willem Dafoe), eine junge Frau namens Bella (Emma Stone) wiederzubeleben. Obwohl sie kaum höhere kognitive Fähigkeiten als ein Kind hat, lernt Bella die Welt um sich herum mit beeindruckender Geschwindigkeit kennen. Ihr Wissensdurst treibt sie dazu, an der Seite von Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo), einem unbedarften Anwalt, auf eine Reise zu gehen.
Der griechische Regisseur landet wieder einmal einen grossen Wurf! Mit dem Mythos von Frankensteins Monster als Ausgangspunkt, geht Yorgos Lanthimos über die Vorlage hinaus und liefert ein ebenso extravagantes wie spannendes Werk über den weiblichen Körper und seine Kontrolle durch das Patriarchat. Aus dem Mund der unschuldigen Kindfrau wirken jede noch so kleine Frage oder harmlose Handlung wie ein furchterregender Faustschlag gegen die patriarchalische Gesellschaft und stellen die Art und Weise, wie diese Frauen kontrolliert, in Frage.
Auf einer abenteuerlichen Reise entdeckt Bella ihren Körper und experimentiert mit ihrer Sexualität ohne Scham und Tabus, weit entfernt von den üblichen Darstellungen des weiblichen Begehrens im Kino. Emma Stone spielt sensationell und trägt den Film mit einer faszinierenden Verspieltheit, die sich an der Grenze zwischen Slapstick und Oscar-verdächtiger Performance bewegt.
Lanthimos setzt seinerseits seine fantasievollen visuellen Experimente fort: exorbitante Weitwinkelaufnahmen, unerwartete Fischaugen - hier findet sich die gesamte Palette des Regisseurs wieder. Obwohl diese ungewöhnliche Inszenierung perfekt zum schrägen Ton von «Poor Things» passt, ist die Verwendung dieser Verfahren nicht immer leicht nachzuvollziehen, obwohl man sich gerne in diesen Strudel aus aberwitzigen Bildern hineinziehen lässt. Darüber hinaus erhält diese tolle Welt ihre ganz besondere Würze durch die opulente künstlerische Gestaltung, die nahe am Kitsch liegt und dennoch stimmig ist, da das Ganze trotz des Übermasses vollkommen kohärent erscheint.
Im letzten Drittel könnte man bemängeln, dass der Film etwas redundant wird, aber die Relevanz des Themas und der exquisite Humor – besonders zu erwähnen ist Mark Ruffalo – lassen diese Mängel leicht vergessen. Alles in allem gelingt «Poor Things» das, woran «Barbie» (2023) scheiterte: Der Film passt perfekt in den Zeitgeist und leistet sich den Luxus, einen tiefgründigen und engagierten Diskurs zu führen.
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Kommentare
Schauspieler, Kulissen, Kostüme, Kameratechnik, Schnitt - alles beeindruckend. Aber was für eine Verschwendung für diese hohle, banale Story! Beim Schauen hat man den Eindruck eines ästhetisierten Fick-Filmchens, das ein bisschen mit Eifersucht, Gewalt, Grausamkeit und Ekeleien gepimpt ist. Die Dialoge haben nicht einmal das Niveau von Facebook-Kommentaren. Ein wirklich extrem unnötiger Film.… Mehr anzeigen
Skuriler Porno mit Regie einer fünfjährigen, die sich im Verlauf zu einem wahrheitsverpflichteten Fauxpas-Monster entwickelt, fickend die Welt entdeckt, und sich dabei emanzipiert. Ein reichlich beliebig zusammengewürfeltes Spiel mit Tabus, wobei leider nichts rummkommt. Take it or leave it, aber ein Oscar ist das ganze sicher nicht wert.… Mehr anzeigen
Zugegeben, es ist eine bravouröse Leistung von Emma Stone, völlig engagiert, ohne eine Spur von Eitelkeit. Ich wünschte nur, auch der Film würde ihrem Niveau gerecht werden. Als ich "Poor Things" sah, fühlte ich mich zeitweise fasziniert, mitunter gelangweilt, dann auch amüsiert, letztendlich aber bereit, weiterzugehen.… Mehr anzeigen
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