Beasts of the Southern Wild USA 2012 – 93min.

Filmkritik

Wo die wilden Kerle wohnen

Filmkritik: Tamara Schuler

Ein tosender Sturm, ein kranker Vater und viel Wasser: Sundance-Gewinner Benh Zeitlin erzählt die Geschichte eines mutigen Mädchens, das auszog, die Ordnung in ihrem Universum wieder herzustellen.

Für den Kurzfilm "Glory at Sea" erhielt Benh Zeitlin 2008 viel Lob auf amerikanischen Filmfestivals, mit Beasts of the Southern Wild gelang dem New Yorker ein nicht weniger fulminantes Spielfilmdebüt: Am Sundance Film Festival wurde ihm der Hauptpreis der Jury verliehen, in Venedig gewann er die Caméra d'Or für den besten Debütfilm, und es folgten zahlreiche weitere Auszeichnungen - auch für die herausragende schauspielerische Leistung der jungen Hauptdarstellerin Quvenzhané Wallis.

Zusammen mit ihrem Vater Wink (Dwight Henry) lebt die sechsjährige Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) bei einer Gruppe von Aussteigern, die sich im Sumpfland vor Louisiana niedergelassen hat. Die Angst vor einem Anstieg des Meeresspiegels ist ein ständiges Thema. Als ein schwerer Sturm aufzieht, fliehen die meisten Bewohner vor der Flut in trockenere Gefilde. Doch Hushpuppy bleibt: Sie muss die Ordnung im Universum wiederherstellen, ihrem kranken Vater helfen und sich ihren Ängsten stellen.

Beasts of the Southern Wild entführt das Publikum in eine raue, naturverbundene Wunderwelt und entwickelt dabei einen magischen Sog, erzeugt durch die schlichten, subtil-märchenhaften Aufnahmen und den melodischen Singsang der jungen Erzählerin. Dass Quvenzhané Wallis wie alle anderen Schauspieler im Film eine Laiendarstellerin ist, macht ihren kraftvollen Auftritt umso bemerkenswerter.

Obwohl sich die Wirklichkeit zeitweise mit Hushpuppys Fantasie vermischt, spricht dieser Film jeden an: Wir alle haben uns irgendwann unseren - im Film als Auerochsen dargestellten - Ängsten zu stellen. Genau wie Hushpuppy, die sich im Verlauf der Geschichte mit dem Verlust eines geliebten Menschens und der drohenden Vertreibung aus ihrer Heimat auseinander setzen muss.

Die Annahme, dass wir alle winzige Teile eines Universums sind, mag nicht neu sein, jedoch ist sie gerade im Licht der heutigen globalen Situation - Stichwort: schmelzende Polkappen - mehr denn je eine Überlegung wert: Wer macht mich zu dem, der ich bin? Welche Auswirkungen hat mein Handeln? Beasts of the Southern Wild gibt damit Antworten auf Fragen, von denen viele wohl gar nicht wissen, dass sie sie tief in sich tragen.

Kurzum: Dieser von Grund auf poetische Film hat alles: herausragende Schauspieler, zeitlose Themen und zutiefst bewegende, mächtige Bilder - ein Juwel, von dem man auch nach dem dritten Mal anschauen nicht genug kriegen kann.

01.03.2024

5

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Kommentare

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8martin

vor 9 Jahren

Eine ungewöhnliche Geschichte wird ungewöhnlich erzählt. Aus der Sicht der kleinen Hushpuppy (Quvenzhané Wallis) wird neben einem Vater-Tochter Drama auch der Kampf einer kleinen Gemeinschaft, ums nackte Überleben nach dem Wirbelsturm Katrina geschildert.
Verstörender Realismus aus einer Welt zwischen Alkohol und Prügel, neben abenteuerlichen Aktionen im besten Sinne des Wortes kommt am Ende noch ein Hauch von Märchen hinzu. (Riesige schwarze Schweine wie aus dem Videospiel). Eine kurze Szene, in der Vater (Dwight Henry) und Tochter in Tränen vereint zeigen, wie sehr sie sich lieben.
Erst ganz am Ende verliert der Film die Bodenhaftung mit der ‘indisch-germanischen‘ Bestattung des Vaters. Das tut dem Ganzen keinen Abbruch.
Wir sehen großartige, manchmal auch schockierende Bilder trotz Handlkamera und lebhaften Schnitten. Hier gibt es keinen festen Halt unter den Füßen. Eine Welt, die von Schrott und Latten notdürftig zusammengehalten wird und die man nur im Suff erträgt. Hushpuppys Kommentar aus dem Off erinnert an den Vorspann der TV Serie ‘Bloch‘. Schlicht und von kindlicher Klarheit erreicht er bisweilen universale Aussagen. Mal ganz was anderes aber saugut.Mehr anzeigen


Barbarum

vor 9 Jahren

Ein ungewöhnlicher Film, der gut daran tut, keine allzu ausufernde Laufzeit zu haben. Denn wenn man sich erst einmal an das Spezielle gewöhnt hat, stellt man fest, dass der Film ansonsten eigentlich nicht allzu viel zu bieten hat. Erinnert mich durch die ständige Stimme aus dem Off stark an die Filme von Terrence Malick.Mehr anzeigen


she

vor 11 Jahren

Schöner Soundtrack, Story stellenweise etwas komisch, ein leiser Film, welcher erst später nachgewirkt hat.


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