Das Auge - Eye of the Beholder Australien, Kanada, Grossbritannien, USA 1999 – 109min.

Filmkritik

Der Schönheit ins Auge geblickt

Filmkritik: Susanne Rohrer

Ein namenloser britischer Agent observiert eine geheimnisvolle Frau. Vollkommen von ihr eingenommen, realisiert er bald, dass sie reihenweise Männer ermordet. Er kann sich nicht mehr von ihr abwenden und das Beobachten wird zu einer Obsession, die ihn zur völligen Selbstaufgabe zwingt. Ewan McGregor und Ashley Judd versuchen in diesem Road Movie, eine Spur Hitchcock wiederaufleben zu lassen.

Die junge Frau (Ashley Judd) reist quer durch die USA. Überall verfallen ihr gutbetuchte Männer, was diesen zumeist das Leben kostet. Denn der extravagante Lebensstil der jungen Dame will auch finanziert sein. "Das Auge" (Ewan McGregor) verfolgt sie auf Schritt und Tritt, sein Hightech-Equipment liefert ihm jede Information, die er haben will. Er hätte sie schon längst an die Polizei ausliefern sollen, aber statt einzugreifen, kann er nur untätig zuschauen. Das Auge spricht kaum mit jemandem, eigentlich existiert er gar nicht in unserer Welt. Nur mit seiner Assistentin auf der Botschaft (k.d. lang) hat er noch realen Kontakt. Seine Tochter ist mit ihrer Mutter längst verschwunden, weil er nur für seine Arbeit lebt. Aber Lucy begleitet ihn immerzu, und von Anfang an ist klar, dass sich in seinem Leben die Grenze zwischen Realität und Traumwelt verwischt. Als er erkennt, dass er und sein Objekt ein traumatisches Erlebnis in ihrer Vergangenheit teilen, beschliesst er, ihr Schutzengel zu werden. Er taucht unter und existiert fortan nur noch als Schatten von Joanna, die er bis ans Ende der Welt begleitet. Dieses ist ein Café in Alaska, wo er noch einmal verhindert, dass sie von ihrer Vergangenheit eingeholt wird.

Die Darstellung des zunehmenden Realitätsverlustes und der Obsession mit der Unerreichbaren verlangt vor allem von McGregor subtiles Schauspiel, während Ashley Judd die kühle Killerin überzeugend herüberbringt. Beide wollen mit diesem Film offenbar zeigen, dass sie echte Charakterdarsteller sind. Nach seinem Auftritt als Obi-Wan Kenobi hat das vor allem Ewan McGregor nötig. Als Nebendarsteller fast schon witzig ist Jason Priestley, der offensichtlich sein Saubermann-Image aus Beverly Hills loszuwerden versucht. Er spielt einen richtigen Widerling, dem Joanna in der Wüste auf den Leim geht.

Regisseur Stephan Elliott ist durch The Adventures of Priscilla, Queen of the Desert noch in angenehmer Erinnerung. Diesmal hat er sich an einem Thema versucht, das an Hitchcock erinnert. Dieser Film ist allerdings kaum ein Thriller, eher ein Road Movie. Das Besondere daran ist, dass kaum eine Szene vor Ort gedreht wurde. Während die meisten Szenen in Montreal entstanden (die Stadt kommt im Film nicht vor), schickte der Regisseur nachträglich eine Filmcrew auf die Reise, welche die Landschaften und Monumente aufnahm. Diese Bilder wurden dann zum Teil elektronisch in den Film eingesetzt. Das Angenehme daran ist, dass Elliott kaum Versatzstücke gewählt hat, die ohnehin jeder erkennt. Darüber hinaus verwendet er filmische Kunstgriffe, die eine seltsam verzerrte Wahrnehmung erzeugen und so den Zuschauer in die Welt der Obsessionen hineinführen.

Was an "Eye of the Beholder" stört, ist der lahme Aufhänger der Story. Wieso muss der Hauptdarsteller gerade ein britischer Agent sein? Um McGregors Akzent zu erklären? Die Vorlage von Marc Behm wurde bereits 1983 unter dem Titel Mortelle Randonnée mit Michel Serrault und Isabelle Adjani verfilmt. Dort bringt die Hauptdarstellerin wenigstens ihre rechtmässig angetrauten Ehemänner um. Regisseur und Darsteller haben diesmal ihr bestes getan, aber vielleicht sollte man doch einmal die ältere Version ausgraben.

18.05.2021

2

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Kommentare

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8martin

vor 10 Jahren

Trotz des philosophischen Ansatzes ist daraus ein recht spannender Krimi geworden. Und so muss man auch den ganzen Verlauf und das Ende des Films verstehen: ‘Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters. ‘
Der Ermittler Wilson (Ewan McGregor) ist erst nur Beobachter, dann Voyeur und verliebter Verfolger und schließlich Befreier der Massenmörderin Joanna Eris (außerordentlich eindrucksvoll Ashley Judd).
Es entwickelt sich ein Roadmovie, das seine Spannung aus der Tatsache bezieht, dass immer wieder Fragezeichen hinterlassen werden. Da ist zum einen Wilsons Tochter Lucy, lange schwebt sie zwischen Realität und Fantasie. Dann die Rückblenden, die sowohl Joannas als auch Wilsons problematische Kindheit enthüllen. Wir sehen Großaufnahmen in Slomo. Joanna verlor ihre Kindheit, ihre Tochter, Vater, Ehemann und ihren Schutzengel. Wilson erging es ähnlich. Bei dieser knallharten Realität darf es dann schon mal auch etwas emotional sein. Wenn die Vertreter der Verluste (Geneviève Bujold als Heimleiterin) und die Requisiten der Vergangenheit am Ende zusammentreffen, wird es nochmal spannend. Hier triumphiert erneut die Schnitttechnik und fokussiert das Erlebte. Eine letzte Berührung von Joana und Wilson in rasanter Fahrt bringt außer der gegenseitigen Erkenntnis auch das Thema des Films nochmal zum Tragen. So geht philosophischer Actionfilm, der über kleine logische Knacks hinwegspringt wie die kleine Lucy, aber das Thema nie aus den Augen verliert.Mehr anzeigen


movie world filip

vor 12 Jahren

immer wieder suspense mit judd, sexy und dunkel


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