Vatel Belgien, Frankreich, Grossbritannien 2000 – 116min.

Filmkritik

Oberflächliche Dekadenz

Filmkritik: Karin Gfrörer

Gérard Depardieu ist in diesem opulenten Historiendrama Vatel, der Küchenchef des finanziell ruinierten Prinzen de Condé. Drei Tage lang muss er dem Sonnenkönig unübertreffliche Festlichkeiten bieten. Obwohl ihm dies gelingt, ist Vatel am Schluss der Unterlegene - Opfer intriganter Hofstaatspielchen, Sklave des eigenen Standes und verwirrt durch eine unerfüllbare Liebe. Was so dramatisch klingt, zerrinnt hinter der festlichen Fassade in eine dünne Geschichte.

Chateau Chantilly 1671. Prinz de Condé (Julian Glover) - Besitzer eines riesigen Schlosses, noch grösseren Parkes und unzähliger Bediensteter - hat Schulden. Als Ihre Majestät König Louis XIV von Frankreich sich selbst für drei Tage auf Condé´s ländliches Schloss einlädt, wittert Letzterer seine Chance: Gelingt es ihm, den König mit extravaganten und originellen Festlichkeiten zu beeindrucken, würde er in der Gunst Seiner Majestät beträchtlich steigen. Auch mit dem bitter nötigen finanziellen Zustupf könnte er dann rechnen. Sein treu ergebener Verwalter und Maítre de Cuisine, Francois Vatel (Gérard Depardieu) ist derjenige, der in drei Tagen das Schicksal von Chantilly zum Guten wenden soll. Der loyale und gutherzige Vatel enttäuscht den Prinzen nicht: Die Speisen sind äusserst delikat, die Dekorationen prächtig, die Kulissen exquisit und die theatralischen Darbietungen eines Kaisers würdig. Nur - dem perfekten Szenario drohen Turbulenzen: Vatel weigert sich, den Küchenbub dem pädophilen Bruder des Königs zur Verfügung zu stellen. Und nach dem Tod eines Knechtes hinter der Bühne des königlichen Spektaktels mag er die Glückwünsche des Königs nicht entgegennehmen. Als ihm die Hofdame der Königin, Anne de Mauntausier (Uma Thurman), auch noch nahe kommt, verliert sich Vatel im Strudel seiner eigenen Gefühle und in den dunklen Machenschaften seiner Neider. Denn niemand geringerer als der König hat es auf die aparte Anne abgesehen.

Regisseur Roland Joffé ("The Mission") hat für die nach einem Originaldrehbuch von Jeanne Labrune ("Ca ira mieux demain") inszenierte und auf realen Geschehnissen basierende Verfilmung (auf englisch!) von "Vatel" ein beachtliches Team zusammenbekommen: Neben den hochkarätigen Schauspielern Gérard Depardieu, Uma Thurman, Tim Roth und Julian Sands, übernahm auch gleich Ennio Morricone die klassisch-dramatische musikalische Untermalung. Doch genützt hat's anscheinend nicht viel: �Vatel� verspricht zwar ein Fest für Augen und Sinne - und für die historiengetreue Nachahmung abertausender höfischer Details ist den Machern bestimmt ein Kränzchen zu binden - seine Figuren aber lässt Joffé lediglich in üppigen Kostümen inmitten einer turbulenten Schar Bedienstete durch das festliche Schloss und den prächtigen Lustgarten spazieren. Mehr als eine illustre Story, welche die höfische Dekadenz nur an ihrer Oberflächlichkeit beleuchtet, ist Joffé nicht gelungen.

16.03.2021

2

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Kommentare

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Urs23

vor 13 Jahren

Guter Kostümfilm mit einem überzeugenden Gérard Dépardieu.


Gelöschter Nutzer

vor 15 Jahren

Nicht nur die Ausstattung ist vom Feinsten auch das Drehbuch von Tom Stoppard und Musik von Ennio Morricone bürgen ebenfalls für Qualität.
Die Handlung selbst ist von sekundärer Bedeutung: Intrigen am Hof Ludwig XIV. oder die Affäre mit einer Hofdame (Uma Thurman). Dafür jede Menge schöne Frauen. Die eigentliche Hauptrolle spielen Nahrungsmittel und die Zubereitung der Speisen. Beim Zuschauen läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Man sollte diesen Film nicht mit leerem Magen anschauen. Das pralle Leben in der Küche. Gerard Depardieu ist in seinem Element. Obwohl schon etwas beleibt – was hier passend ist - kann er noch das volle Tempo gehen.
Sein Ende ist der Höhepunkt. Es gerät zu einer optischen Elegie auf den Untergang einer ganzen Epoche. Man sieht nicht den Hauptdarsteller, sondern abgegessene Tafeln, halb verzehrte Speisen und schmelzende Eisverziehrungen.Mehr anzeigen


leomanfriani

vor 23 Jahren

Schöne Inszenierung, sonst nichts


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