Roter Drache Deutschland, USA 2002 – 124min.

Filmkritik

Das Frühwerk des Menschenfressers

Bruno Amstutz
Filmkritik: Bruno Amstutz

Hannibal "The Cannibal" Lecter beschäftigt die Filmemacher weiter. Nach "The Silence Of The Lambs" und "Hannibal" darf Sir Anthony Hopkins zum dritten Mal als philosophischer Menschenfresser antreten. "Red Dragon" geht zurück zu den Anfängen von Lecters kulinarischer Karriere.

"Wenn Sie wüssten, was es ist, würden Sie keinen Bissen davon runterkriegen", scherzt Dr. Hannibal Lecter (Anthony Hopkins) genüsslich in die kultivierte Runde seiner Gäste. Sie sind Musiker eines Orchesters und ahnen nicht, dass sie gerade ihren vermissten Flötisten in Form von leckeren Fleischhäppchen verspeisen. Die Karriere des Gerichtspsychiaters mit den besonderen Ernährungsvorlieben ist aber bald beendet. FBI Agent Will Graham (Edward Norton) steht mitten in der Nacht vor der Tür, um mit Lecter seine neusten Erkenntnisse zum gesuchtesten Serienmörder zu erörtern. Denn Lecter ist ein Genie, wenn es darum geht, sich in die Psyche von Verbrechern hinein zu versetzen. Als Graham entsetzt feststellt, dass sein Vertrauter der Mörder ist, landet er um ein Haar selbst in der Bratpfanne. Schwer verletzt zieht sich Graham nach diesem Fall traumatisiert aus dem Polizistenleben zurück, und Lecter landet in einer Hochsicherheitsklinik für psychisch Kranke.

Mit diesem fulminanten Auftakt rollt "Red Dragon" die Vorgeschichte zu "Silence Of The Lambs" auf, dem Thriller von Jonathan Demme, der 1992 fünf Oscars abkassierte und Anthony Hopkins untrennbar mit der Figur von Hannibal Lecter verband. Dabei war Hopkins nicht der Erste, der sich an die Romanfigur von Thomas Harris heranwagte. Schon 1986 verfilmte Michael Mann die Buchvorlage "Red Dragon" unter dem Namen "Manhunter". Als Kannibale amtete damals Brian Cox ("The Bourne Identity", "L.I.E."). Die etwas altbackene Verfilmung ist weitgehend in Vergessenheit geraten, seit Hopkins den Menschenfresser mit seinem diabolischen Charme erneut zum Leben erweckte.

Nach Ridley Scott's enttäuschendem "Hannibal" versucht nun Regisseur Brett Ratner, an die Qualität von "Silence Of The Lambs" anzuknüpfen. Dabei setzt er mit Ted Tally auf denselben Drehbuchautor wie Jonathan Demme und ausserdem auf eine Starbesetzung mit Ralph Fiennes, Emily Watson und Harvey Keitel. Die Ähnlichkeiten zu "Silence Of The Lambs" liegen in der Buchvorlage begründet, aber Brett Ratner sucht die Nähe auch bewusst: Einige Szenen sind nicht bloss Zitate, sondern wurden regelrecht kopiert.

So muss sich Will Graham, ähnlich wie die Agentin Clarice Starling in der Fortsetzung, mit Hannibal Lecter einlassen, um einen anderen Serienmörder zu finden. Dieser tötet ganze Familien und hinterlässt Bissspuren, die ihm den Namen "Zahnfee" einbringen. Selbst sieht sich der Killer (Ralph Fiennes) als "Roter Drache", inspiriert von einem Gemälde von William Blake, das er sich gleich in Lebensgrösse auf den Rücken tätowiert. Lecter mit seiner einmaligen Fähigkeit, die Gedankengänge solcher Killer zu analysieren, birgt für das FBI die letzte Hoffnung, den Fall zu lösen. Somit muss sich aber auch Will Graham wieder seinem Peiniger stellen, der ihn in psychologische Machtspiele verwickelt.

"Red Dragon" schlägt den blutarmen "Hannibal" um Längen, doch das Erbe von "Silence Of The Lambs" wiegt schwer. Anthony Hopkins meistert seine Paraderolle aufs Neue mit Bravour, aber leider hat man ihn als Lecter nun schon so oft gesehen, dass auch seine Brillianz den Déja-Vu-Effekt nicht übertönen kann. Erfrischung bietet hingegen Ralph Fiennes, der nach David Cronenberg's "Spider" erneut Meisterschaft in der Darstellung psychisch kranker Persönlichkeiten beweist.

25.05.2021

4

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 12 Jahren

Was schon lange bekannt ist von Ratner, dass dieser Regisseur auf die Stärken seiner Stars aufbaut. Diesen Film gab es schon mal... Beim zweiten Versuch wird alles besser. Ich befinde 'Red Dragon' sogar besser als 'Silence of the Lambs' und so gut wie 'Hannibal'.


movie world filip

vor 12 Jahren

kitschigste aus der serie, aber mit gute leistungen von fiennes, hopkins, norton, keitel...


Gelöschter Nutzer

vor 19 Jahren

ich hab den film neulich auch wieder am fernsehen gesehen und bin fast verreckt vor spannung. voll krass. noch krasser ist allerdings das buch, sagt man mir. dh die originalvorlage. das les ich dann, wenn ich mich mal richtig stark fühle.


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