Big Fish USA 2003 – 125min.

Filmkritik

Untergang im Tränenmeer

Filmkritik: Andrea Bleuler

Familiengeschichten à la Tim Burton oder wie Vater und Sohn auf dem Sterbebett wieder zueinander finden. "Big Fish" strotzt, erwartungsgemäss, vor kühnsten Einfällen und bissig-charmantem Humor. Leider hat sich aber auch trivialste Sülze in Burtons magisches Konstrukt eingeschlichen.

Vielschwätzer und Übertreiber Edward Bloom (Albert Finney) treibt seinen einzigen Sohn Will (Billy Crudup) an seinem Sterbebett zur Verzweiflung. Vor lauter lauten Geschichten um sein Leben ist er für seinen Sprössling nie fassbar geworden - ein glitschiger, grosser Fisch eben, der sich nicht fangen lässt. Der alte Egozentriker kann mit seinem knochentrockenen Sohn, der für eine Nachrichten-Agentur in Paris arbeitet und sich strikt an Fakten hält, ebenfalls wenig anfangen.

In einer Sammlung von Rückblenden und Gesprächen aus diversen Erzählperspektiven wird zusammengekleistert, wie in etwa das Leben von Ed, dem Handelsreisenden (als junger Mann gespielt von Ewan McGregor) aus dem Provinzkaff in Alabama gewesen sein könnte. Ohne die volle Wahrheit tatsächlich zu definieren, natürlich. Man versteht die Botschaft. Tim Burton gräbt via Halbernst Profundestes aus und beweist sich auch in dieser Literaturverfilmung nach Autor Daniel Wallace als ein Meister der skurrilen Momente.

Wie üblich ist sein Film bis ins letzte Detail durchgestylt und mit bizarren Kreaturen bevölkert, die Eds Werdegang prägen: Eine glasäugige Hexe (gespielt von Burtons Freundin Helena Bonham Carter), ein wutschnaubender Riese, der plötzlich freundlich wird, ein Zirkusdirektor (Danny de Vito), der ein Doppelleben als Werwolf führt, und miteinander verwachsene koreanische Sängerinnen.

Das Highlight dieser Freakparade ist zweifelsohne Steve Buscemi, der vom Poeten zum Bankräuber mutiert und den braven Familienvater in die Welt des Verbrechens verschleppt. Der Tiefpunkt hingegen sind die hübschen weiblichen Wesen aus der Nicht-Fabelwelt, Wills schwangere Frau (Marion Cottilard) und Eds leidende Gattin (Jessica Lange, als jung gespielt von der wunderschönen Alison Lohman), die in ewig gütiger Mona-Lisa-Manier um die Wette lächeln.

Burtons jüngster Film ist ausserdem nicht so kompakt und rhythmisch präzise wie seine vorangehenden Werke. Und was eigentlich sehr viel enttäuschender ist: "Big Fish" scheint ein unangenehmes Mass an kommerzieller Sentimentalität aufgesaugt zu haben. Danny Elfman, der bis anhin Burtons Filme mit einem musikalischen, abstrusen Gegenpol versehen hat, verstärkt diesmal überraschenderweise schamlos die gefühlsduselige Komponente.

Der Wirkung tut das keinen Abbruch: "Big Fish" ist eine jener biographischen Abhandlungen, bei denen sich ganze Kinosäle - wie einst bei "The Bridges of Madison County" oder "Fried Green Tomatoes" - im fünfzehn Minuten langen Schluss irgendwann widerstandslos dem allgemeinen Tränenfluss anschliessen.

19.02.2021

3

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Kommentare

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RobertdeNirosta

vor 5 Monaten

Einfach nur zum Niederknien wunderschöner Film - ein alter Mann blickt vom Sterbebett aus auf sein Leben zurück, im Rückblick verschwimmen Realität und Fantasie zu einer genialen unglaublichen Lebensgeschichte. Kritisch betrachtet von seinem Sohn mit dem er sich nie verstanden hat. Traurig ,komisch, berührend, einfach perfekt.
Bewertung : Meisterwerk von Tim BurtonMehr anzeigen


NicaZH

vor 11 Jahren

Seit langer Zeit mein liebster Film!


siheja

vor 18 Jahren

speziell.. das ist so eine Sorte Film die wirklich nur "ausgesuchten" Leuten gefällt.


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