Der seltsame Fall des Benjamin Button USA 2008 – 165min.

Filmkritik

Da sieht Brad Pitt ziemlich alt aus

Bruno Zweifel
Filmkritik: Bruno Zweifel

Vom Greis zum Baby in 166 Minuten: David Finchers Adaption einer Kurzgeschichte F. Scott Fitzgeralds spielt visuell und tricktechnisch auf höchstem Niveau. Inhaltlich hat der Oscar-Favorit bloss das Niveau einer schön geschriebenen Glückwunschkarte.

"Wir enden alle in Windeln", sagt Cate Blanchett nach gut zwei Stunden Spielzeit. Es sollen tröstende Worte sein für einen Mann, der im Strom des Lebens in die falsche Richtung schwimmt. Brad Pitt wird als Benjamin Button am Ende des Ersten Weltkriegs geboren. In der Wiege liegt er als schrumpeliger Greis. Doch mit jedem Tag wird der alte Mann jünger. Button steigt aus dem Rollstuhl, wirft später auch die Krücken beiseite. Er fährt zur See, versenkt im Zweiten Weltkrieg ein deutsches U-Boot, lernt die Liebe kennen und verliert sie wieder. Es ist ein Film über das Leben und den Tod, die Freude und die Trauer, das Kennenlernen und das Loslassen.

Beeindruckende 13 Oscar-Nominierungen konnte Regisseur David Fincher für "The Curious Case of Benjamin Button" einsammeln. In technischen Kategorien wie bei Kamera, Szenenbild und den visuellen Effekten ist das mehr als verständlich. Fincher und sein Team blasen F. Scott Fitzgeralds Groteske auf zum tricktechnischen Wunderwerk (und kommen dem Sepia getönten Kitsch von "Amélie Poulin" erstaunlich nahe). Wir sehen Brad Pitt als 80-jährigen und wir sehen ihn als knackigen Jüngling - und immer wirkt die Verwandlung so perfekt, dass sich die digitale Zauberei dahinter selbst unsichtbar macht.

Das wünscht man sich zuweilen auch vom Drehbuch. Denn inhaltlich bewegt sich der Film auf dem Niveau einer schön geschriebenen Glückwunschkarte. Das mag an Drehbuchschreiber Eric Roth liegen, der schon die Dialoge in "Forrest Gump" zu einer Ansammlung von Plattitüden machte. Schlimmer ist aber, dass es selbst einem Grossaufgebot von Hollywood-Stars (neben Pitt und Blanchett sind etwa Tilda Swinton und Julia Ormond zu sehen) nicht gelingt, den Zuschauer zu fesseln. Brad Pitt spielt Benjamin Button als radikalen Aussenseiter, der am Leben der anderen bloss aus der Distanz teilnimmt. Er tut es so überzeugend, dass sein Gefühl des nicht dazu Gehörens sich schliesslich auf den Kinogänger überträgt - bis einen die ganze kuriose Geschichte nur noch kalt lässt. Kein Zweifel: "The Curious Case of Benjamin Button" ist ein hervorragend gemachter Film, der auch mit Überlänge nicht langweilt. Bloss ist es einer, den man schnell wieder vergisst.

17.02.2024

3

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Kommentare

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8martin

vor einem Jahr

Es ist ein wunderschönes Märchen von der großen, ewigen Liebe, die unabhängig vom Alter besteht, selbst wenn die Lebenszeiten der Verliebten in entgegengesetzte Richtungen laufen. Das schildert uns David Fincher in stimmungsvollen Bildern, die meist in Gelb- und Brauntönen gehalten sind und beweist damit einmal mehr, was er kann. Fast drei Stunden (schon etwas lang) sehen wir eine Story, die auf der Klaviatur der Emotionen wahre Symphonien abspielt und mit einem ungewöhnlichen Charme daherkommt. Durch die Rahmenhandlung bekommt das Ganze zwei Ebenen und eine zusätzliche Unterhaltungsgrundlage. Die Maskenbildner hatten hier Konjunktur und leisteten nicht nur bei Brad Pitt ganze Arbeit, sondern auch bei Cate Blanchett. Aber auch ohne die Mithilfe der Visagisten überzeugen Tilda Swinton, die durch ihren Auftritt den märchenhaften Charakter unterstreicht, sowie Julia Ormond, die die erlösende Aufklärung bringt.
Die Komik der Situation unterstreichen Sätze wie ’Wir enden alle schließlich in Windeln’. Der Wandel der Zeiten wird durch markante Musikbeispiele von den Platters oder den Beatles betont. Und das Ende der Liebesgeschichte ist so schön, dass es den Romantikern fast das Herz zerreißt. Durch die Gegenbewegung der Alterungsprozesse wird allerdings eine gewisse Zeitlosigkeit herausgearbeitet. Und durch den eingearbeiteten Exkurs über den Zufall kommt noch eine philosophische Komponente hinzu.
Ein Beispiel dafür, dass Gefühle nicht im Herz-Schmerz-Niveau ertrinken müssen, sondern wenn gut gemacht eine Bereicherung darstellen.Mehr anzeigen


Gelöschter Nutzer

vor 12 Jahren

Lange Jugend vor sich haben. Eine Kindheit, an die sich selten einer genau erinnern kann; im Film mit Kurzzeitgedächtnis gezeigt wird. Als würde jemanden sein ganzes Leben vor den Augen vorbeiziehen. Für sentimentale Gemüter. Besser ansehen in Gesellschaft. Wer Finchers Werke kennt. Wieder in einer sehenswerten Rolle und zugeschnitten auf Brad Pitt.Mehr anzeigen


neneli

vor 14 Jahren

es war lustig, Brad Pitt so zu sehen.


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