In a Better World Dänemark, Schweden 2010 – 118min.
Filmkritik
Der Tod und das Bübchen
Die Dänin Susanne Bier scheint einen Narren an aussereuropäischen Kontrasten gefressen zu haben. Wie schon in Brüder siedelt sie auch in In a Better World einen wichtigen Teil der Geschichte weit weg von ihrer Heimat an und schlachtet diesen Gegensatz sowohl visuell als auch handlungsmäßig konsequent aus. Das Drama wurde 2011 mit dem "Auslandsoscar" ausgezeichnet.
Dänemark auf dem Lande, zwei Familien oder was davon noch übrig ist: Claus (Vater, stinkreich), Christian (Sohn, ca. zehnjährig), Mutter gerade beerdigt. Marianne (Mutter und Spitalärztin, will ihren Mann nicht mehr), Anton (Vater und Chirurg in Afrika, weil Ärger mit Marianne), Elias (Sohn, ca. zehnjährig), Morton (Sohn, ca. achtjährig). Elias ist ein Problemkind, zieht das Unglück wie Salz die Feuchtigkeit an, wird in der Schule schikaniert und malträtiert, lässt alles mit einer Engelsgeduld über sich ergehen.
Sein neuer Banknachbar Christian, gerade von seinem Vater bei der Oma "deponiert", weil (siehe oben) Mutter weg, also neu in der Schule, wird zum Problemkind. Er hat den Tod seiner Mutter noch nicht verdaut - und wirklich: Ein zwar gutmütiger aber überforderter Vater wie Claus ist keine Hilfe. Christian verträgt also nichts, duldet keine Ungerechtigkeit und entwickelt eine Intoleranz gegen Willkür. Als Anton wegen einer Nichtigkeit Prügel bezieht, ahnt er nicht, dass Christian seine eigenen Konsequenzen zieht.
Susanne Bier kombiniert und kontrastiert diese Problemjungengeschichte mit dramatischen Szenen aus dem afrikanischen Savannenhospital, wo Anton unter einfachen Bedingungen operiert und therapiert wird. Im Gegensatz zu Brüder betont sie nun die Gemeinsamkeiten, denn Anton lehnt Gewalt ab und muss sich an beiden Orten der Frage stellen, ob sein Ideal praxistauglich ist. Da wird dem Publikum einiges zugemutet und es wird emotional radikalisiert, wenn die Verletzungen von Greueltaten kuriert werden müssen.
Auch um zu zeigen, dass Anton seine Aufgabe als Vater nicht erfüllen kann, wenn er in Afrika aufgeschlitzte Bäuche zusammennäht, hätte sie nicht so dick auftragen müssen. Ein paar Streben der ausgefeilten Konstruktion ragen zwar auch im dänischen Hauptteil des Geschehens heraus, aber insgesamt greifen die Zahnräder gut ineinander. Grandios ist das visuelle Kostüm: Während die afrikanischen Bilder die Atmosphäre klassisch transportieren, gelingen ihr in Dänemark einige überragende Wirkungen. Bleibt eigentlich nur die Frage, wer das US-amerikanische Remake drehen wird.
Dein Film-Rating
Kommentare
Susanne Bier beweist mit "In a better World" erneut, dass gute Filme sich nicht durch Spezialeffekte und andere Schauwerte auszeichnen, sondern durch eine gute Story, interessante Charaktere und angesprochenen Problemstellungen mit Relevanz. Dass der Film angesichts seines Themas keine Spazierfahrt ist, verwundert kaum. Man wird emotional voll mitgerissen, verspürt Wut, Schmerz, Trauer und manchmal auch Freude. Lange wirkt der Film nach und lässt einen über das Gesehene und auch die Thematik reflektieren. Die Botschaft, welche dabei vermittelt wird, mag nicht unbedingt neu sein, wird aber äusserst eindrücklich vor Augen geführt. - Achtung spoiler: das Ende des Films ist nicht kitschig, sondern bringt den Film souverän zum Abschluss. Vergebung und Versöhnung werden nicht als einzig möglicher Ausweg aus der Gewaltspirale beschwört, sondern als einen wichtigen Faktor dessen betrachtet. Dass dies christliche Werte sind, stimmt dabei nur bedingt. Auch in anderen Kulturen unterschiedlicher religiöser Prägung zählt diese Botschaft. Gewalt ist nur durch Frieden zu beenden, was mit Versöhnung oder zumindest einer Annäherung der Kontrahenten einhergeht.… Mehr anzeigen
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