Die Entdeckung der Unendlichkeit Grossbritannien 2014 – 123min.
Filmkritik
Die Physik der Liebe
Dass das Rennen um die Oscars begonnen hat, lässt sich Jahr für Jahr nicht zuletzt daran erkennen, dass eine endlose Reihe Biopics auf die Leinwand drängen. Allein im Januar und Februar erwarten uns filmische Biografien von so unterschiedlichen Persönlichkeiten wie Martin Luther King, dem Mathematiker Alan Turing, Kriegsheld Louis Zamperini oder Schriftstellerin Cheryl Strayed. Doch zunächst steht erst einmal The Theory of Everything in den Startlöchern.
Der Film des auch Dokumentarfilm-erfahrenen Oscar-Gewinners James Marsh (Man on Wire) erzählt von der Beziehung des wohl bekanntesten Astrophysikers der Welt zu seiner ersten Ehefrau, auf deren Memoiren das Drehbuch basiert. Als Studenten lernten Stephen (Eddie Redmayne) und Jane (Felicity Jones) sich in den 60er Jahren in Cambridge kennen. Doch ihre junge Liebe hat sich kaum in aller Unbeschwertheit entfaltet, als das Schicksal zuschlägt. Nach einem Zusammenbruch wird bei Hawking eine Form der unheilbaren Nervenkrankheit ALS diagnostiziert. Immer weiter werden seine Muskeln und damit sämtliche Körperfunktionen verkümmern; die Ärzte geben ihm kaum mehr als zwei Jahre. Allen Widrigkeiten zum Trotz beschließt Jane, Stephen dennoch zu heiraten, die eigene wissenschaftliche Karriere hintan zu stellen und ihren Mann zu pflegen. Selbst als er – Jahrzehnte nachdem die Ärzte eigentlich längst sein Ableben prognostiziert hatten – nur noch über einen mit den Augen gesteuerten Sprachcomputer kommunizieren kann.
Man muss nichts von schwarzen Löchern und Relativitätstheorien verstehen, um zu wissen, dass Stephen Hawking zu den bemerkenswertesten Intellektuellen unserer Zeit gehört. Längst nicht nur, aber natürlich auch durch seine Behinderung. Die von seiner Lebensgeschichte ausgehende Faszination transportiert The Theory of Everything durchaus, auch weil es ebenso unerwartet wie berührend ist, das Genie, das man nur verkrümmt in seinem elektronischen Rollstuhl kennt, auch als jungen, gesunden Mann zu sehen.
Eddie Redmayne, zuletzt in Les Misérables zu sehen, spielt diese nicht zuletzt körperlich herausfordernde Rolle mit sehenswerter Hingabe, und es ist nicht ihm anzulasten, dass der Film sich weniger für Hawkings Verstand als für seine Ehe interessiert. So immerhin bekommt die bislang viel zu unbekannte Felicity Jones genügend Raum, ihr beträchtliches Talent voll auszuspielen. Denn Regisseur Marsh zeigt durchaus die Komplexität und Schwierigkeiten dieser Beziehung, in der irgendwann mit dem verständigen Pfarrer Jonathan (Charlie Cox) noch ein Dritter seinen Platz sucht, bevor sie schließlich nach 25 Jahren doch in die Brüche geht.
Umso bedauerlicher, dass so viel Facettenreichtum und Nuancen sich nicht auf alle Aspekte des Film erstrecken. Viel zu oft begnügt sich die Inszenierung mit Gefühligkeit an der Oberfläche, jeder Menge dick aufgetragener Musik (komponiert vom Isländer Jóhann Jóhansson) und einer Bildsprache, in der immer schon der Kitsch lauert. Den Oscar-Chancen von The Theory of Everything wird das aber wohl keinen Abbruch tun. Und zumindest im Fall von Redmayne und Jones ist das auch vollkommen in Ordnung so.
Dein Film-Rating
Kommentare
Ein berührendes Biopic über den Astrophysiker Stephen Hawking. Eddie Redmayne hat den Oscar für diese sehr intensive und anspruchsvolle Rolle völlig zu Recht erhalten. "Die Entdeckung der Unendlichkeit" ist aber vielmehr ein Liebesfilm, als eine Biographie geworden. Dies ist zwar sehr geglückt, doch ein paar wichtige Eckdaten zu der Person Hawkings und wofür er genau so berühmt wurde, hätten hier bestimmt nicht geschadet.
8/10… Mehr anzeigen
Eine herrausragende, anspruchsvolle Schauspielleistung und berührende Bilder lassen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Film mit seinen Image als Familiedrama etwas oberflächlich wirkt. DIe Theorie geht filmisch nicht ganz auf.
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