The Power of the Dog Australien, Kanada, Neuseeland, Grossbritannien 2021 – 125min.

Filmkritik

Gender-Troubles im Westernland

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Jane Campion hat Thomas Savages Roman als packenden Spätwestern verfilmt. In dessen Hauptrolle brillieren Benedict Cumberbatch als harter Kerl und Kodi Smit-McPhee in der Rolle eines sensiblen jungen Mannes, der sich in einer rauen Männerwelt einen Platz erkämpfen muss.

Montana, 1925. Phil und George Burbank betreiben seit dem Tod ihrer Eltern die familieneigene Ranch. Sie teilen ihr Schlafzimmer, sind aber sehr verschieden. Phil ist intelligent, belesen und hat studiert. Er läuft in abgewetzten Klamotten herum, liebt Pferde und verehrt den alten Cowboy, der ihm alles beigebracht hat. Er ist aufbrausend und hart, wird von den Viehhirten bewundert und von den Hausangestellten gefürchtet.

George hingegen ist sanftmütig und verträumt. Er schätzt den Luxus, trägt feines Tuch, fährt eines der ersten Autos in der Gegend, sehnt sich nach menschlicher Wärme, einer Frau. Er findet eine solche schliesslich in der verwitweten Rose, die zusammen mit ihrem Sohn Pete eine Gaststätte betreibt. Rose verkauft ihr Lokal, zieht auf die Ranch. Pete studiert in der Stadt, verbringt die Semesterferien aber bei seiner Mutter.

Phil hält Rose auf Distanz. Er vermutet in ihr eine Erbschleicherin und gibt ihr seine Ablehnung zu verstehen, indem er eine von ihr ungelenk auf dem Flügel geklimperte Melodie auf seinem Banjo flink nachspielt. Rose flüchtet sich in den Alkohol. Auch Pete bekommt als in dessen Augen verweichlichtes Muttersöhnchen Phils Ablehnung zu spüren. Doch der von Körperbau zarte Phil ist trotz seines Hangs zum Schönen ein starker Mann. Und er kommt ihm in einer Weise nahe, die Phil in ungeahnter Weise reizt.

Jane Campion hat Thomas Savages 1967 erschienen Roman als prächtigen Spätwestern inszeniert, in dem auf einer abgelegenen Ranch die Errungenschaften und Lebensweise der Moderne ungebremst mit alten Traditionen und Rollenbildern aufeinanderprallen. Sie bedient sich dabei auch den Mitteln des Thrillers und es lohnt diesen Film von Anfang ganz genau anzuschauen, um den verblüffenden Twist gegen Ende nicht zu verpassen.

Benedict Cumberbatch überzeugt darin in der vielleicht besten Darstellung seiner Karriere als verschlossener Kerl, der in der Begegnung mit einem jüngeren zu seinen anderen Seiten findet. An seiner Seite glänzt, in einer sehr komplexen grossen Rolle, der blutjunge Kodi Smit-McPhee. Aber auch Kirsten Dunst und Jesse Plemons, deren Figuren gegen Ende etwas herausfallen, spielen sensationell. Ein grosser und starker Film, in dem Jane Campion einer machoiden Gesellschaft rigiden Vorstellungen von Sexualität und Männlichkeit meisterhaft seziert.

15.11.2021

5

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Kommentare

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oscon

vor 2 Jahren

Was mich am meisten am Film gestört hat, ist die Location. Der Film soll in Montana spielen und man sieht leider meist, dass dies kaum Montana sein kann.(gedreht wurde in Jane Campions «Hinterhof» in Neuseeland). Für einen Montana Western empfehle ich die Serie «Yellowstone» mit Kevin Costner.
Benedict Cumberbatch und das Ehepaar Plemons spielen routiniert, Kodi Smit-McPhee ist für mich ein reines Ärgernis. Zwar wird eine gewisse Spannung aufgebaut, die Auflösung des Handlungs-Twist ist aber schon vorher so klar und schafft somit leider auch keine komplette Klärung hinsichtlich des Schlusses. Ich kann da nur Sam Eliotts Kritik begrüssen, dass der Film «kompletter Scheiss» ist…Mehr anzeigen


Movie_Maniac

vor 2 Jahren

Für unglaubliche 12 Oscars ist "The Power of the Dog" nominiert. Und tatsächlich ist der Film in allen dieser einzelnen Kategorien auch sehr stark. Als grosses Ganzes hat er aber durchaus einige Schwächen. Häufig tritt die Handlung auf der Stelle und macht dadurch die Geschichte teilweise auch etwas langatmig. In Anbetracht der tollen schauspielerischen Leistungen und des Settings ist das Drama aber absolut sehenswert.
7/10Mehr anzeigen


soda4yoda

vor 2 Jahren

Durch seine intelligente Romanadaption gewinnt der Film an Tiefe uns Spannung, die seinesgleichen sucht. Faszinierend!


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