Apocalypto USA 2006 – 139min.

Filmkritik

Toll trieben es die alten Mayas

Filmkritik: Jürg Tschirren

Menschenopfer, Speere, Pfeile, tödliche Fallen und ein Jaguar, der das Gesicht eines Mannes frisst. Herzlich Willkommen in Mel Gibsons Maya-Wunderwelt - Ansprüche auf historische Zuverlässigkeit geben Sie bitte an der Türe ab.

Am Abend der Pressevisionierung von "Apocalypto" lief im Fernsehen eine Folge der "Simpsons", in der Mel Gibson als Gast auftritt ("Beyond Blunderdome"). An einer Stelle seufzt der Star: "The problem I have is people love me so much, they never criticize me. I speed all the time but the cops never give me a ticket." Wenigstens ein Problem, das er heute nicht mehr hat. Im Juli 2006 nahm ihn die Polizei wegen überhöhter Geschwindigkeit fest, und der betrunkene Gibson nutzte die Gelegenheit für ein paar judenfeindliche Sprüche. Spätestens da war klar, dass der latente Antisemitismus, der ihm nach "The Passion of the Christ" vorgeworfen wurde, so unterschwellig nun auch nicht ist.

Leider gelingen auch bösen Menschen zuweilen recht eindrückliche Kunstwerke (siehe auch: Black Metal), "Apocalypto" ist eines davon. Der Film spielt während dem Niedergang der Maya-Kultur und der Landung der Conquistadoren in Mexiko. In Wirklichkeit lagen zwischen beiden Ereignissen ein paar hundert Jahre, aber Gibson nimmt solche Unschärfen nonchalant in Kauf. Darum auch das falsche Griechisch des Filmtitels und das "Apocalypto" vorangestellte Zitat des Historikers Will Durant ("Eine grosse Zivilisation lässt sich nur von aussen erobern, wenn sie sich von innen schon selbst zerstört hat."), der eigentlich das römische Reich meinte. Das hier ist schliesslich kein Historiendrama, sondern ein Actionfilm.

"Apocalypto" hat vier Teile: Im ersten sehen wir einen Maya-Stamm im Urwald sein Tagwerk verrichten (Jagen, Schlafen, Streiche spielen). Es folgt das Ende der Idylle; ein brutaler Überfall und die Verschleppung der Männer in eine mit Tempelbauten, bösen Menschen und Dekadenz gefüllte Maya-Stadt. Der dritte Teil könnte "Opferung" heissen und passiert genau so, wie man sich das vorstellt: Köpfe rollen schier endlose Tempeltreppen herunter, und der Priester aus "Indiana Jones and the Temple of Doom" darf noch einmal das Herz aus dem Leib eines Todgeweihten reissen. Zu dem Zeitpunkt stehen wir ungefähr in der Mitte des 140 Minuten langen Films, der nur mit Untertiteln in die Kinos kommt, weil seine Dialoge in Yucatec-Maya gesprochen werden. Der Rest ist die Flucht und Verfolgung des einen Kriegers, der den Opferungen entkommen konnte. Eine Verfolgsjagd im klassischen Sinn, bei dem Speere, Pfeile und tödliche Fallen zum Einsatz kommen, und ein Jaguar das Gesicht eines Mannes frisst. Langweilig wird es nie.

Was Gibson zeigt, ist blutrünstiges Spektakel in seiner reinsten Form. Man kann das für billig halten oder für geschmacklos, aber eines ist bemerkenswert: Weil die Geschichte in "nicht zivilisiertem" Gebiet spielt, umgeht sie Tabus und Konventionen, die andere Filme berechenbar und harmlos machen. Wo keine christliche Nächstenliebe in den Herzen der Menschen ist, kann eben auch mal ein Kind ins Feuer geworfen werden. Mel Gibson scheint eine eigenartige Faszination für Brutalität und Quälerei zu haben.

05.05.2022

3.5

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Kommentare

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rosirot

vor 12 Jahren

Gibsons Bester Film


movie world filip

vor 13 Jahren

Besser wie The Fugitive, diese Geschichte... am Anfang war ich vom Kameraführung nicht überzeugt, aber es stimmt wie es gefilmt ist... es passt alles zusammen. Toll, fast perfekt. MelGibson hat mich überrascht.


bullettooth

vor 15 Jahren

Authentische Darsteller, Schauplätze und auch mögliche Gewalt.

Vermutlich soll die Gewalt die etwas kurze Story vertuschen, was oft auch gelingt.

Unterhaltsam, schön und hässlich.


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