Der Wolkenatlas Deutschland, Hongkong, Singapur, USA 2012 – 172min.
Filmkritik
Kino ohne Grenzen
Drei Regisseure, sechs Episoden, die sich über mehr als 500 Jahre erstrecken, und ein Produktionsprozess, die mehr als dreieinhalb Jahre in Anspruch nahm: Nicht nur für eine Independent-Produktion sprengt Cloud Atlas ohne Frage manche Dimension. Aber auch sonst ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von David Mitchell durch die Wachowski-Geschwister und Tom Tykwer kein gewöhnlicher Film.
Erzählt werden sechs ineinander verschachtelte Geschichten, von denen drei die Matrix-Macher und drei ihr deutscher Freund inszenierten. 1894 erlebt ein Anwalt (Jim Sturgess) auf einer Pazifikreise die Unterdrückung von Eingeborenen und wird auf der Rückreise langsam von einem Arzt (Tom Hanks) vergiftet. 1936 schreibt der junge Assistent (Ben Whishaw) eines Komponisten das große "Wolkenatlas-Sextett".
37 Jahre später gerät eine Journalistin (Halle Berry) in Gefahr, als sie eine Enthüllungsgeschichte über ein Energieunternehmen recherchiert. 2012 landet ein Verleger (Jim Broadbent), der eine Weile untertauchen will, unfreiwillig im Altersheim. In der Mitte des 22. Jahrhunderts wird in Korea der weibliche Klon Sonmi-451 (Doona Bae) von einem Widerstandskämpfer aus ihrem Dasein gerettet. Und 2346 müssen sich ein Ziegenhirte (Hanks) und die Abgesandte (Berry) eines hochtechnologisierten Volkes zusammentun, um der Menschheit das Überleben zu sichern.
Sind da sechs verschiedene Filme in einem? Auf den ersten Blick mag es fast so scheinen. Doch stilistisch merkt man kaum, dass hier verschiedene Personen hinter der Kamera saßen. Inhaltlich besteht eine lose Verbindung zwischen den Episoden, wobei es aber vor allem thematische Leitmotive sind, die sie zusammenhalten. Ganz zu schweigen von dem Regieeinfall, in allen Geschichten das gleiche hochkarätige Ensemble einzusetzen.
Dass bei der Besetzung der Rollen Geschlechter-, Rassen- und andere Grenzen ignoriert wurden, ist originell, funktioniert in vielen Fällen ausgesprochen effektvoll und wirkt zum Glück nur ganz selten albern. Die damit einhergehende Botschaft, dass wir alle miteinander verbunden sind und die Seele keine biologischen oder sozialen Schranken kennt, ist ebenso ehrenwert wie letztlich platt. Überhaupt lässt sich schwerlich bestreiten, dass der Film nicht nur zu Kitsch und esoterischem Pathos neigt, sondern ganz allgemein mit seinen menschheitsphilosophischen Fragen eher in die Breite als in die Tiefe geht.
Man würde das ohne Frage als Mangel empfinden, wäre besagte Breite nicht von derart epischem Ausmaß. Der Mut zur Größe, den alle Beteiligten bei Cloud Atlas an den Tag legen, verdient nicht nur Respekt. Er sorgt auch für einmalige Schauwerte, die nirgends besser wirken als auf der Leinwand, und einen auch weit über zweieinhalb Stunden in Atem halten.
Dein Film-Rating
Kommentare
Ausgezeichnet!
Vollständig verständlich zwar erst nach dem Lesen des Buches oder einem zweiten Mal ansehen doch dann einfach nur genial!
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