Before Midnight USA 2013 – 109min.

Filmkritik

Magie und Leichtigkeit

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Neun Jahre ist es schon wieder her, seit wir Céline (Julie Delpy) und Jesse (Ethan Hawke) zuletzt begegneten. Neun weitere Jahre nach ihrer ersten Begegnung in Before Sunrise traf man sich damals in Paris wieder und verbrachte spontan den ganzen Tag miteinander. Und nicht nur den - wie Before Midnight enthüllt.

Denn anders als für das Kinopublikum ist dieser neue Film von Richard Linklater für die beiden Protagonisten nicht das erste Wiedersehen seit langer Zeit. Im Gegenteil: Die beiden sind längst ein Paar, Eltern der Zwillinge Nina und Ella und verbringen ihren Sommerurlaub im Süden von Griechenland. Wieder verbringen wir einen Tag mit ihnen, vom Verabschieden von Jesses Sohn aus erster Ehe am Flughafen über ein ausgiebiges Mittagessen mit Freunden bis zu einem Abend der Zweisamkeit, der allerdings nicht ganz die vorgesehene Richtung einschlägt.

Es ist ein interessantes filmisches Unterfangen, dem sich Regisseur Linklater und seine beiden Hauptdarsteller, mit denen er wie schon beim Vorgänger das Drehbuch gemeinsam schrieb, mit ihrer Trilogie angenommen haben. Heutzutage mag kaum ein Film von einer Fortsetzung verschont bleiben, doch die Gelegenheit, fiktive Filmcharaktere tatsächlich über einen längeren Zeitraum und durch verschiedene Lebensphasen zu begleiten, bekommt man kaum.

In Before Midnight sind nun das Spielerisch-Unbeschwerte und die Romantik dem Beziehungsalltag gewichen. Jesse und Céline können sich noch immer in langen Gesprächen gegenseitig umkreisen oder auch aneinander abarbeiten, doch inzwischen handeln die meist von Erwachsenen-Problemen, von Jobs oder Kindererziehung. Die große Liebe ist kein sonniges Versprechen der Zukunft mehr, sondern gelebte Realität mit jeder Menge Gewitterwolken.

Fast noch mehr als in den ersten beiden Filmen gelingt Linklater dabei das Kunststück, gleichzeitig von unverwechselbaren, höchst individuellen Charakteren und doch eine Geschichte von erstaunlicher Universalität zu erzählen. Wer ein bisschen eigene Erfahrungen mit längeren Beziehungen hat, wird sich in den Dialogen von Before Midnight ein ums andere Mal wieder finden, ohne sich notwendigerweise mit den Figuren eindeutig zu identifizieren.

Das Geheimnis von so viel Drehbuch-Magie - und auch von der enormen Leichtigkeit, die den sommerlichen Film durchzieht - liegt natürlich in der großen Vertrautheit, die Linklater, Delpy und Hawke inzwischen miteinander ebenso wie mit ihren Rollen haben. Sicher mag man auch dieses Mal den einen oder anderen Moment geschwätzig finden. Doch man muss Céline und Jesse nur auf der langen Autofahrt zu Beginn des Films oder zur Mitte beim Spazierengehen erleben, um zu wissen, dass Beziehungsdialoge auf der Leinwand selten so lebensnah daherkommen wie hier.

17.02.2024

5

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Movie_Maniac

vor 6 Jahren

Wie bereits zwischen den beiden ersten Teilen, hat man auch hier wieder ganze neun Jahre gewartet, um den nun dritten Teil dieser Liebesgeschichte auf die Leinwand zu bringen. Erneut sind Ethan Hawke und Julie Delpy in den Hauptrollen. Dieses Mal verschlägt es die beiden nach Griechenland. "Before Midnight" hat das Erfolgskonzept der Vorgänger kaum abgeändert und trumpft ein weiters Mal mit starken Dialogen auf. Faszinierend sind dabei vor allem jene Szenen, die minutenlang ohne Schnitt auskommen und die dadurch frei interpretiert und somit auch sehr authenisch wirken. Der Film schafft es immer wieder, dass man sich in den beiden Hauptfiguren wiederfindet und zeigt eine Liebesbeziehung mit all deren Fassetten. Wer hier allerdings einen 0815 Feelgood Movie erwartet, dürfte enttäuscht werden.
8/10Mehr anzeigen


gefuehlsmensch

vor 10 Jahren

braucht kein Mensch.


weinberg10

vor 10 Jahren

Freute mich nach der Arbeit auf einen witzigen, romantischen Kinoabend und wurde durch diese sinnlose Zerstörung dieser Beziehung desillusioniert. Schade für die ersten beiden Teile.


Mehr Filmkritiken

Gladiator II

Red One - Alarmstufe Weihnachten

Venom: The Last Dance

Typisch Emil