Weil du nur einmal lebst - Die Toten Hosen auf Tour Deutschland 2018 – 106min.

Filmkritik

Lang lebe der Punk

Irina Blum
Filmkritik: Irina Blum

Ob in einem heruntergekommenen Club, in einem Wohnzimmer bei Fans zu Hause oder im Stadion vor tausenden von Leuten: Die deutsche Punk-Band Die Toten Hosen fühlt sich ohne Frage wohl auf der Bühne, und das seit über 30 Jahren. Cordula Kablitz-Post hat die Band während 7 Monaten begleitet – und setzt ihr damit ein filmisches Denkmal.

Am 10. April 1982 hat alles begonnen: Damals gaben die Toten Hosen (aufgrund eines Kommunikationsmissverständnisses noch als «Die Toten Hasen» angekündigt) ihr erstes Konzert. Heute, knapp 37 Jahre später, bespielt die Band – in der heutigen Formation bestehend aus Campino, Breiti, Kuddel, Andi und dem 1998 dazu gestossenen Vom – noch immer die Bühnen der Welt und begeistert Punk-Fans über Generationen hinweg. Die Dokumentation begleitet die Musiker, die mittlerweile alle in ihren Fünfzigern angekommen sind, während mehreren Monaten auf Tour, zeigt sie Backstage beim Ping-Pong-Spielen, beim nächtlichen, illegalen Baden in einem öffentlichen Schwimmbad oder beim (selten gewordenen) Party-Machen im Tourbus. Rund 190 Stunden Filmmaterial hat Regisseurin Cordula Kablitz-Post so eingefangen und zusammengedampft auf knapp 110 Minuten Film.

Weil du nur einmal lebst gibt einen spannenden Einblick in das Innenleben einer Band, die sich seit bald 40 Jahren im Geschäft hält. Intime Momente, in denen sich Campino zusammen mit einem Stylisten zum Beispiel nicht auf ein geeignetes Hemd für den nächsten Auftritt einigen kann, oder die Bandmitglieder vor einem Auftritt in Luzern diskutieren, ob sie das Lied „Bofrostmann“ überhaupt bringen können, weil die Firma in der Schweiz allenfalls kein Begriff ist, lassen die Punk-Band authentisch, bodenständig und erstaunlich ehrlich wirken: Es wird zum Beispiel kein Hehl daraus gemacht, dass ausser Kuddel niemand der geborene Musiker ist.

Auch der Augenblick, als Campino kurz nach Tourneestart einen Hörsturz erleidet und deshalb kurzfristig pausieren muss, lassen einen zumindest für kurze Zeit glauben, zu den Personen hinter den Rockstars durchzublicken – wenn Campino dem Kameramann aus Ärger über die falschen Soundeinstellungen bei einem Konzert kurz nach der Genesung zum Beispiel ein verschwitztes Handtuch anwirft. Und nichtsdestotrotz geht Weil du nur einmal lebst dem Phänomen Hosen nicht wirklich auf den Grund. Themen wie das politische Engagement der Band, die Rivalität mit der Band Die Ärzte und Probleme mit und während dem Älterwerden werden in Interviews zwar angesprochen – man wird jedoch an vielen Stellen das Gefühl nicht los, dass man noch deutlich mehr an der Oberfläche hätte kratzen können.

Die Dokumentation ist aber nicht einzig ein Porträt über eine Punk-Band, sondern gleichzeitig auch Konzertfilm. Regisseur Paul Dugdale, der auch schon Live-Aufnahmen von Bands wie den Rolling Stones gemacht hat, fängt mit der Kamera einige intensive Momente auf der Bühne ein, in denen die Leidenschaft und die Energie der fünf Musiker, aber auch des Publikums deutlich spürbar ist. Man könnte denken, dem Erfolgsrezept der Band auf die Spur gekommen zu sein – obwohl es die Doku nie ganz schafft, dessen Geheimnis wirklich zu lüften. Vielen Kinozuschauern – insbesondere den Fans der Band – dürfte das aber ziemlich egal sein. Denn wenn die Band auf der Bühne steht, versprühen die Musiker so viel Energie, dass das Drumherum schnell mal vergessen geht.

04.03.2024

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