CH.FILM

Abxang Schweiz 2003 – 100min.

Filmkritik

Gut gerockt ist halb gelebt

Filmkritik: Irene Genhart

Im Januar 2003 trennen sich der Berner Rocksänger Polo Hofer und die SchmetterBand nach 18 gemeinsamen Jahren. Eine Hommage an den letzten Rock’n’Roller der Schweiz und seine erfolgreichste Band.

"Alperose", "Hop Schwiiz", "Du chasch nid tanze", "Giggerig",... : Zwei Dutzend Hits. Elf Alben. Über tausend Konzerte: 18 Jahre haben Polo Hofer und die 1984 gegründete SchmetterBand gemeinsam musiziert - im Januar 2003 trennen sie sich. "Tschou zäme, s’isch schön gsii mit euch": So simpel, wie er sich am Schluss seiner Konzerte jeweils vom Publikum verabschiedete, stellt sich "Polo National" auch diesen Abschied vor. Zumindest behauptet erdies im Interview, das er der Regisseurin Mirjam von Arx am 11. Januar 03 vor seinem letzten gemeinsamen Konzert mit der SchmetterBand gewährt.

Doch so einfach, zeigt "AbXang", gehts dann doch nicht. Denn Fans und Band-Mitglieder einfach stehen lassen kann selbst ein geübter Adieu-Sager wie Hofer nicht. Umso weniger, weil dabei auch ein Kapitel Schweizer Popmusik-Geschichte zu Ende geht. Das ist, hat sich Mirjam von Arx als vife Journalistin sowie Regisseurin einiger kurzer Dok- und Auftragsfilme gesagt, die Chance, Schweizer Film- und Musikgeschichte zu schreiben.

Ausgangspunkt von "AbXang" sind die zehn letzten Konzerte, die Polo Hofer und die SchmetterBand im Winter 02/03 in der Mühle Hunziken in Rubigen gaben. Mit Elia Lyssy an der Kamera und dem Tönler Dieter Meyer am Mikrofon hat von Arx Sänger und Band vor, während und nach den Konzerten auf und hinter der Bühne begleitet.

Ausgehend von einzelnen Songs, von Gesprächen mit Hofer und Band-Mitgliedern, von Interviews mit Fans und Freunden, blendet "AbXang" zurück. Lässt in Erzählungen, in Ausschnitten aus alten TV-Sendungen und anhand von Fotos Hochs, aber auch Tiefs der Band nochmals Revue passieren. Die Liste der dabei zu Wort Kommenden liest sich von Sina über Florian Ast und Hanery Amman bis zu den ehemaligen Mitgliedern der Bands "The Jetman" und"Rumpelstilz" wie ein Who is Who der Schweizer Popmusik.

Die erwähnten Anekdoten - Polo Hofers Auftritte im Radio 24, in "TalkTäglich" bei Roger Schawinski und in "Viktors Spätprogramm", seine bissigen kleinen Provokationen als bekennender Hanf-Konsument - rollen dreissig Jahre Schweizer Zeitgeschichte auf. In deren Zentrum steht Polo Hofer, der von sich gerne behauptet, der letzte Rock’n’Roller der Schweiz zu sein. Der seit 35 Jahren auf der Bühne steht, immer aufgelegt für einen Witz, schelmisch lachend, nasal rockend. Den aber, wie in "AbXang" behauptet, privat kaum jemand kennt.

Als "eine distanzlose Hommage an Polo Hofer" preist der Verleih "AbXang" an und führt irre. Denn wiewohl der Streifen ein flottes Band-Porträt ist, Hofers Lebensweg beleuchtet und dabei den Sänger auch zu seiner Mutter begleitet oder kurz auf seine jung verstorbene Lebenspartnerin anspricht: Richtig nah - wie jüngst Friedrich Kappeler seinem Star in "Mani Matter" oder Annina Furrer und Regula Begert ihrer Band in "Züri West" - kommt von Arx ihrem Star und seinen Musikern nie. Der Grund dafür mag im respektlosen Umgang der Regisseurin mit der Musikliegen. Da bedient sich "AbXang" als Rückgrat zwar der letzten Konzerte und spielt auch etliche Songs an. Doch weder wird auf diese näher eingangen, noch wird auch nur ein Lied ohne Unterbruch in voller Länge wiedergegeben. Das ist ein Ärgernis. Nicht nur für Fans - sondern für alle, die in einem Dokfilm über Musiker auch einiges über deren Musik erfahren und diese auch geniessen möchten.

25.05.2021

3.5

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Gelöschter Nutzer

vor 20 Jahren

Ich fand den Film so gut, dass ich als er zu Ende war, gerne noch im Kino sitzen geblieben wäre. Es war so familiär, als würde alles nicht im Film ablaufen sondern als wäre man auch dabei. Ich brauchte richtig lange bis ich mich wieder fassen konnte. Das habe ich sehr selten nach einem Film erlebt. GROSSARTIG, Auch ein Kompliment an Mjriam von Arx wie sie das so feinfühlig rüber brachte.Mehr anzeigen


rari

vor 21 Jahren

sehr gute und persönliche dokumentation, für hofer-fans und musiker ein muss, sonst einfach sehr informativ!


firmus

vor 21 Jahren

Emotionel, sehr gut


Mehr Filmkritiken

Typisch Emil

Tschugger - Der lätscht Fall

Landesverräter

Thelma