Mittsommernachtstango Argentinien, Finnland, Deutschland 2013 – 84min.

Filmkritik

Wer hat's erfunden?

Filmkritik: Eduard Ulrich

Drei Musiker aus Argentinien, dem Land des Tangos schlechthin, können es nicht fassen, dass finnische Kollegen die Urheberschaft am passioniert-erotischen Paartanz für ihr Land beanspruchen. Also reisen sie hinüber, um sich selbst ein (Klang-)Bild zu machen. Sie besuchen die Größen der finischen Tango-Szene und die rustikalen Spielstätten und Tanzschuppen, fachsimpeln und musizieren. Viel Musik, das sympathische Personal und die schönen Landschaftsbilder können allerdings den Mangel an Spannung und Information nicht kaschieren.

Ist der Tango in Argentinien erfunden worden? Man möchte es annehmen, gilt Argentinien doch als Eldorado der Tango-Musik, und die feurigen Blicke, die sich die Partner zwischen den wirbelnden Figuren zuwerfen, die erotische Konnation der Bewegungen und das leidenschaftliche Stampfen passen nur zu gut zum südländischen Temperament.

Die These von einer finnischen Urheberschaft des Tangos hat da einen schweren Stand, und so sind drei argentinische Tango-Musiker auch höchst erstaunt, als sie damit konfrontiert werden. Sie wollen Gewissheit und schiffen sich - rasch entschlossen - nach Finnland ein. Dort gilt es die lebendige Tango-Szene zu entdecken und mit den Größen des Fachs Erfahrungen auszutauschen, zu musizieren und zu sinnieren, was das wahre Wesen des Tangos sein könnte.

Schnell wird klar, dass eigentlich niemanden wirklich interessiert, ob der Tango in Finnland erfunden wurde, denn es spielt keine Rolle. So erscheint der Ärger der Argentinier über den finnischen Anspruch aufgebauscht, und die Frage ist weder musikalisch ergiebig noch wird sie im Film fruchtbar. Die weiten Wege erlauben den Blick auf schöne Landschaften, die Spielstätten sind von einer pittoresken Rustikalität und die Gastgeber von einer einnehmenden Freundlichkeit. Da kann es keinen Streit geben, die erzählerische Spannung und die inszenatorische Entwicklung benötigen eine andere Quelle.

Der sanfte dramaturgische Höhepunkt ist erreicht, als die drei Argentinier in der Weite des finnischen Straßennetzes die Orientierung verlieren und sich den Kopf über einer Landkarte zerbrechen, die sie nicht lesen können. Die Lösung des Rätsels vom Tango-Ursprung liefert ein finnischer Musikwissenschaftler mit einer trockenen Erklärung - wäre es nicht logisch gewesen, diese theoretische Erklärung musikalisch aufleben zu lassen, weil doch sonst soviel Musik geboten wird? Viel Musik, Poesie und Menschlichkeit, einige unübersetzte Tango-Lieder und wenig Information ist das etwas ernüchternde Fazit, als die drei wieder nach Argentinien zurückkehren.

16.09.2014

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Kommentare

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detlef007

vor 10 Jahren

die sexszene ist schon der hammer... habs zuhause gleich nachgespielt.. ansonsten kaum handlung, kaum action. meine note deshalb 5/5 punkten


cinerat

vor 10 Jahren

Was für ein herrlicher kleiner Film. Leider kommt Aki Kaurismäki nur kurz zu Wort. Aber die anderen Protagonisten kompensieren das locker.


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