The Survival of Kindness Australien 2022 – 96min.

Filmkritik

Eine Landschaft der Tragödien

Maria Engler
Filmkritik: Maria Engler

Einsamkeit, Weite und Menschenhass – in «The Survival of Kindness» präsentiert Regisseur Rolf de Heer ein flirrendes filmisches Konstrukt, das durch Einfachheit in einer komplizierten Welt besticht. Dem Publikum wird trotzdem so einiges abverlangt.

Eine Wüste. Inmitten der Einöde auf dem aufgesprungenen Boden steht ein Käfig mit einer schwarzen Frau darin. Die Gefangene schmachtet tagelang dahin, bevor sie ihrem eisernen Gefängnis schliesslich entkommt und eine lange und gefährliche Wanderung antritt. Dabei ist allerdings nicht die gnadenlose Natur ihr grösster Widersacher, sondern eine dystopische Gesellschaft, in der Weisse ohne Erbarmen Jagd auf alle anderen machen.

«The Survival of Kindness» ist im wahrsten Sinne des Wortes ein stiller Film. Die wenigen Dialoge bleiben unverständlich und Musik gibt es nur wenig – trotzdem hat der Film einiges zu sagen. Die Protagonistin (genial: Mwajemi Hussein) ist eine Beobachterin, die nur selten in das Geschehen eingreift, das ihr begegnet. Ihr stummer Blick scheint oft teilnahmslos, nur selten zeichnen sich Gefühle auf ihrem Gesicht ab – eine filmische Entscheidung, die überraschend gut funktioniert. Die Erklärungen, die ihr stummes Gesicht dem Publikum nicht geben will, muss es sich selbst suchen.

Überhaupt wird erfrischend wenig erklärt. Die Geschichte der Menschen in dieser fremdartig wirkenden und leider doch zu vertrauten Welt wird am Wegesrand erzählt – das ist die grösste Stärke des Films. Die Protagonistin stösst in der zunächst leer erscheinenden Landschaft immer wieder auf Leichen, Verletzte oder andere Überbleibsel, die schreckliche Schicksale erahnen lassen, ohne sie auszuformulieren. Warum diese Welt voller Gewalt und Schrecken ist, bleibt ein Geheimnis. Auch hier ist die Parallele zu unserer eigenen Gegenwart wuchtig und überzeugend.

Es ist ein enges Korsett, in dem «The Survival of Kindness» steckt – sowohl ästhetisch als auch dramaturgisch. Nicht selten wird dabei die Grenze des Prätentiösen überschritten und die hochtrabenden Konzepte des Films sind oft schwer verdaulich. Wer sich allerdings darauf einlässt, wird mit einem aussergewöhnlichen Film und einem fantastischen – wenn auch unendlich tragischen – Ende belohnt.

15.11.2023

3.5

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